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Äthiopien

Rangliste der Pressefreiheit — Platz 130 von 180
Äthiopien 07.10.2016

Kritische Stimmen zulassen

Addis Abeba, die Hauptstadt Äthiopiens. © picture alliance / dpa

Reporter ohne Grenzen ist besorgt über die Repressalien gegen kritische Journalisten und Blogger in Äthiopien und fordert die äthiopische Regierung auf, die wegen ihrer Arbeit inhaftierten Journalisten freizulassen. Gleichzeitig appelliert die Organisation vor der dreitägigen Afrika-Reise von Angela Merkel unter anderem nach Äthiopien an die Bundeskanzlerin, sich für mehr Medienfreiheit in dem Land einzusetzen.

„Die Regierung in Äthiopien kontrolliert Medien und Internet, um kritische Stimmen mundtot zu machen“, sagte ROG-Geschäftsführer Christian Mihr. „Die Regierung darf Journalisten nicht weiter auf der Basis von Terrorismus-Vorwürfen willkürlich inhaftieren und muss endlich die Unschuld der Blogger des regierunskritischen Blogs Zone 9 anerkennen.“

Trotz der Freilassung der neun im April 2014 festgenommenen Journalisten und Blogger des Blogs Zone 9 halten die Schikanen gegen sie an. Medienberichten zufolge hatten Staatsanwälte gegen den Freispruch einiger Blogger Berufung eingelegt. Diese sehen sich dadurch neuen legalen Bedrohungen ausgesetzt und müssen in diesem Monat wieder vor Gericht.

Als ROG Zone 9 im vergangenen Jahr als Bürgerjournalisten des Jahres auszeichnete, wurde ein Vertreter des Kollektivs von der Polizei an der Ausreise zur Preisübergabe in Straßburg gehindert. Die Reisepässe der Blogger wurden zwischenzeitlich konfisziert.

Die sechs Blogger und drei Journalisten wurden 2014 wegen Terrorismus-Vorwürfen mit Verweis auf das Anti-Terror Gesetz von 2009 inhaftiert, das bereits in der Vergangenheit zur Verfolgung kritischer Journalisten missbraucht wurde. Die Staatsanwaltschaft hatte ihnen vorgeworfen, sie hätten sich in Untergrundzellen organisiert und Ausbildung und Gelder von terroristischen Gruppen im Ausland erhalten, um die Regierung zu stürzen. ROG hatte sich für die Freilassung der Journalisten eingesetzt.

Im Juli und Oktober vergangenen Jahres wurden die Journalisten schließlich nach über einem Jahr in Haft freigelassen. Bei den Bloggern handelt es sich um Atnaf Berhane, Mahlet Fantahun, Befekadu Hailu, Abel Wabella, Natnail Feleke und Zelalem Kibret. Das Blog Zone 9 sieht sich als kritische Alternative zu den offiziellen Medien in Äthiopien. Bei den Journalisten handelt es sich um Tesfalem Waldyes, Edom Kasaye, und Asmamaw Hailegiorgis.

Neben den juristischen Schikanen beklagten einige Blogger nach ihrer Freilassung Einschränkungen im Alltag. Ende März sagte etwa Blogger Abel Wabella einem Bericht zufolge, dass es schwer sei, wieder einen Job zu finden. Sein linkes Ohr sei aufgrund von Misshandlungen im Gefängnis nicht mehr funktionsfähig. Blogger Atnaf Berhane sagte, er lebe in Angst und wisse, dass jeder seiner Schritte verfolgt werde.

Aktuell sind immer noch mindestens sechs Journalisten aufgrund ihrer journalistischen Arbeit in Ätiopien in Haft. Einer von ihnen ist Woubeshet Taye, der seit Juni 2011 inhaftiert ist und wegen Terrorismus-Vorwürfen eine lange Haftstrafe erhielt. Er war stellvertretender Chefredakteur der Wochenzeitung Awramba Times.

Internet und soziale Medien blockiert

Um gegen Kritiker vorzugehen, kontrolliert die Regierung auch den Zugang zum Internet. Nach anhaltenden Anti-Regierungsprotesten in den vergangenen Tagen wurde am 5. Oktober das Internet blockiert. Eine offizielle Begründung gab es nicht, aber zuvor soll die Regierung Aktivisten der Opposition in der Diaspora beschuldigt haben, mit Facebook und Twitter Proteste im Land zu organisieren. Bereits im August war das Internet während Anti-Regierungsprotesten blockiert.

Auch soziale Medien und Messenger-Dienste werden nicht verschont. Im Juli hatte die Regierung unter anderem Facebook und andere soziale Netzwerke wie Twitter und Whatsapp mit der Begründung gesperrt, dass sich Schüler so besser auf ihre Uni-Aufnahmeprüfungen konzentrieren könnten. Im Mai sickerten Antworten der Klausuren in den sozialen Medien durch und die Examen mussten verschoben werden.

Im Juni hat das äthiopische Parlament ein Gesetz gegen Computerkriminailtät verabschiedet, unter anderem um Hacking und Kinderpornografie zu bekämpfen. Jedoch entstehen dadurch auch neue strafbare Handlungen wie etwa der Vorwurf der Anstachelung zur Angst online, die die Meinungsfreiheit einschränken könnten.

Auf der weltweiten Rangliste der Pressefreiheit steht Äthiopien auf Platz 142 von 180. Neben Äthiopien reist Bundeskanzlerin Merkel auch nach Mali (Platz 122) und Niger (52).



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