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Afghanistan

Rangliste der Pressefreiheit — Platz 152 von 180
Afghanistan 21.07.2021

Journalisten besser schützen

Mahnwache für Danish Siddiqui © picture alliance / AA / Faisal Khan

Reporter ohne Grenzen ist in großer Sorge um die Sicherheit von Journalistinnen und Journalisten in Afghanistan. Am Freitag wurde der Reuters-Fotograf Danish Siddiqui bei Kämpfen zwischen Taliban-Rebellen und der afghanischen Armee im Süden des Landes getötet. Er war laut Medienberichten ins Kreuzfeuer der Taliban geraten, als Spezialeinsatzkräfte einen zentralen Marktplatz zurückerobern wollten. Mit dem Abzug der NATO-Truppen aus Afghanistan hat die Extremistengruppe immer mehr Gebiete erobert. Die Behörden müssen Medienschaffende, insbesondere Journalistinnen, besser vor gezielten Angriffen und Drohungen schützen.

„Seit dem Abzug der ausländischen Truppen unter Führung der USA hat sich der Krieg verschärft. Die Taliban haben weitere Gebiete besetzt. Dort sind Journalistinnen und Journalisten geflohen, und Medien wurden in ihrer Arbeit eingeschränkt“, sagte der Direktor eines Radiosenders in der Provinz Balkh zu RSF.

„Die Taliban gehören zu den größten Feinden der Pressefreiheit weltweit und haben in den vergangenen Jahren immer wieder Anschläge verübt, bei denen Medienschafende getötet wurden“, sagte RSF-Geschäftsführer Christian Mihr. „Es wird keinen dauerhaften Frieden in Afghanistan geben, wenn sich die Behörden nicht gezielt für den Schutz von Medienschaffenden und für die Pressefreiheit einsetzen.“

US-Präsident Joe Biden kündigte im April an, alle US-amerikanischen Streitkräfte bis zum 20. Jahrestag der Anschläge vom 11. September 2001 aus Afghanistan abzuziehen. In den zwei Jahrzehnten, in denen die USA und die verbündeten NATO-Truppen gegen Al-Qaida und die Taliban kämpften, arbeiteten Medienschaffende in Afghanistan teils unter lebensgefährlichen Bedingungen. Mindestens 100 Journalistinnen und Journalisten, darunter 15 internationale Medienschaffende, wurden dort in den vergangenen 20 Jahren in Zusammenhang mit ihrer Arbeit getötet.

Gewalt gegen Journalistinnen

Die Gewalt richtet sich auch speziell gegen Journalistinnen vor Ort. Ihre Situation hat sich laut dem Jahresbericht des Zentrums für den Schutz von Journalistinnen in Afghanistan (CPAWJ) weiter verschlechtert. In dem Land, in dem Frauen immer wieder Zielscheibe fundamentalistischer Propaganda sind, wurden allein in diesem Jahr mindestens drei Journalistinnen ermordet: Mursal Wahidi, Sadia Sadat und Shahnaz Roafi. Am 10. Dezember 2020 schossen zwei Männer auf das Auto der Journalistin Malala Maiwand, als diese auf dem Weg zur Arbeit war. Maiwand und ihr Fahrer kamen dabei ums Leben.

Bereits im Mai schlug RSF Alarm und machte auf die Notlage der Medien und der Pressefreiheit in Afghanistan aufmerksam. Im Juni bat die Organisation den Internationalen Strafgerichtshof, die Ermordung von Journalistinnen und Journalisten in Afghanistan zu untersuchen, die gemäß Artikel 15 des Römischen Statuts des IStGH als Kriegsverbrechen angesehen werden könnten.

Afghanistan steht auf der Rangliste der Pressefreiheit auf Platz 122 von 180 Staaten und gehört laut RSF-Jahresbilanz regelmäßig zu den Ländern, in denen die meisten Journalistinnen und Journalisten wegen ihrer Arbeit sterben. In diesem Jahr wurden dort bereits mindestens fünf Medienschaffende getötet, 2020 waren es mindestens sechs.

In den vergangenen Jahren verübte dort neben den Taliban auch der „Islamische Staat“ Anschläge, bei denen zahlreiche Medienschaffende ums Leben kamen. Bei einem Doppelanschlag in Kabul am 30. April 2018 wurden allein neun Journalisten getötet, darunter der AFP-­Fotograf Sha Marai Fezi sowie sechs Reporter von Radio Free Europe und Tolo News. Der „Islamische Staat“ reklamierte den Anschlag, der sich gezielt gegen Journalistinnen und Journalisten richtete, für sich. Er war der tödlichste Anschlag gegen Medien in Afghanistan seit dem Fall des Taliban-­Regimes im Jahr 2001 und der tödlichste Anschlag gegen Medienschaffende weltweit seit dem Massaker in der philippinischen Provinz Maguindanao, bei dem 2009 mindestens 32 Journalistinnen und Journalisten getötet wurden.  



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