Press Freedom Awards 06.12.2022

RSF stellt die Nominierten 2022 vor

© RSF

Die Nominierten für die Press Freedom Awards 2022 von Reporter ohne Grenzen (RSF) stehen fest. Fünf Journalistinnen, acht Journalisten und drei Medienunternehmen aus insgesamt 15 Ländern sind in den Kategorien „Journalistischer Mut“ („journalistic courage“), „Wirkung“ („impact“) und „Unabhängigkeit“ („independence“) nominiert. Ausgewählt hat sie eine neunköpfige Jury aus international renommierten Journalisten und Pressefreiheitsaktivistinnen. Die Gewinnerinnen und Gewinner werden am 12. Dezember 2022 bei einer Zeremonie in Paris bekanntgegeben.

„Seit 30 Jahren ehrt RSF die Arbeit von all jenen, die journalistische Ideale verkörpern. Im digitalen Zeitalter haben sich zahlreiche neue Herausforderungen für den Journalismus entwickelt, aber Mut, Unabhängigkeit und das Streben danach, dass die eigene Arbeit einen positiven Einfluss hinterlässt, bleiben grundlegende Werte. Auch die in diesem Jahr für die Press Freedom Awards Nominierten verkörpern diese Werte“, sagte RSF-Generalsekretär Christophe Deloire.

Preis für Mut

Der Preis für Mut wird an Medienschaffende, Medien oder NGOs verliehen, die in einem feindlichen Umfeld und trotz Bedrohungen ihrer Freiheit oder Sicherheit großen Mut bei der Ausübung, Verteidigung oder Förderung des Journalismus beweisen.

Juan Lorenzo Holmann Chamorro (Nicaragua)

Juan Lorenzo Holmann Chamorro war seit zwei Jahren Geschäftsführer der unabhängigen Zeitung La Prensa, als er am 13. August 2021 das Ende der Print-Version verkünden musste. Grund dafür war ein Mangel an Druckpapier, der durch die Regierung von Präsident Daniel Ortega mutwillig herbeigeführt worden war. Die Polizei durchsuchte die Redaktionsräume und nahm Juan Lorenzo Holmann Chamorro am selben Tag fest. Sie brachte ihn in ein Haftzentrum für politische Gefangene, das als „Folterzelle“ berüchtigt ist. Er wird seitdem dort festgehalten, darf nicht mit einem Anwalt sprechen und seiner Familie wurden nur sieben Besuche gewährt. Im März 2022 wurde er wegen angeblicher Geldwäsche zu neun Jahren Haft verurteilt, obwohl es keine aussagekräftigen Beweise für die Anklage gab. La Prensa erscheint weiterhin in digitaler Form, inzwischen aus dem Exil.

Mahmud al-Atmi (Jemen)

Mahmud al-Atmi stammt aus der heute von Huthi-Rebellen kontrollierten Hafenstadt Al Hudaydah und berichtete seit 2014 als freiberuflicher Journalist für jemenitische Medien über die Menschenrechtsverletzungen durch die Huthi. 2018 gründete er in Aden die Webseite almmarsa.com, die sich auf die westlichen, von den Huthi kontrollierten Provinzen des Jemen konzentriert. Al-Atmis Bruder wurde im folgenden Jahr als Vergeltungsmaßnahme inhaftiert, sein Vater wurde dazu gezwungen, ein Dokument zu unterzeichnen, mit dem er sich von seinem Sohn distanzieren musste. Einige Monate später konnten die Huthi sein Auto und den Ort, an dem er wohnte, ermitteln. Am 9. November 2021 wurde sein Auto in die Luft gesprengt, als er mit seiner Ehefrau, der Journalistin Rascha al-Harazi, zur Geburt des gemeinsamen Kindes ins Krankenhaus fuhr. Sie und das Kind waren sofort tot. Er selbst überlebte den Anschlag schwer verletzt. Er lebt nun in den Vereinigten Arabischen Emiraten und setzt dort seine Arbeit fort.

Huang Xueqin (China)

Sophia Huang Xueqin ist eine ehemalige Investigativreporterin für Xinkuaibao und Southern Metropolis Weekly. Sie hat sich für Frauenrechte eingesetzt und sexuelle Belästigung von Mädchen und Frauen, insbesondere im Medienbereich, dokumentiert und aufgedeckt. Sie wurde am 19. September 2021 in der südlichen Stadt Guangzhou gemeinsam mit dem Gewerkschaftsaktivisten Wang Jianbing festgenommen. Als Grund wurde der Verdacht auf „Anstiftung zum Umsturz der Staatsmacht“ angegeben. Bereits 2019 war die Reporterin für drei Monate inhaftiert. Damals wurde ihr vorgeworfen, „Streit zu schüren und Unruhe zu stiften“, weil sie über die Pro-Demokratie-Proteste in Hongkong berichtet hatte. Für ihren Artikel über die Aktivistin Li Qiaochu, der von Initium Media veröffentlich wurde, erhielt sie von der Society of Publishers in Asia (SOPA) eine Auszeichnung für herausragende Berichterstattung über Frauenthemen.

Narges Mohammadi (Iran)

Narges Mohammadi wurde in den vergangenen zwölf Jahren immer wieder festgenommen und verbrachte einen Großteil der Zeit im Gefängnis. Trotzdem hat sie ihren Kampf für Pressefreiheit und Menschenrechte nie aufgegeben und ist deshalb ein Symbol für großen Mut. Nicht einmal im Gefängnis hat sie aufgehört, über die entsetzliche Lage der Gefangenen im Iran, insbesondere der weiblichen Insassen, zu informieren. Sie musste zahlreiche Opfer bringen, damit ihre Stimme gehört wird. Mit ihrem Ehemann, dem Journalisten Taghi Rahmani, hat sie zwei Kinder, die sie nicht aufwachsen sehen kann, weil sie seit 2011 nur wenige Monate nicht in Haft war. Trotz ihrer Herzprobleme wurde sie misshandelt und gefoltert und erhielt 154 Peitschenhiebe. Dennoch gibt sie die Hoffnung nicht auf und ruft weiterhin zu zivilem Widerstand auf. Sie verfasste auch im Gefängnis zahlreiche Artikel, drehte einen Dokumentarfilm und ein Buch mit dem Titel „Weiße Folter“, das auf ihren Interviews mit 16 Gefangenen basiert. Das letzte Mal wurde sie am 16. November 2021 festgenommen, seitdem befindet sie sich in Haft.

Han Thar Nyein (Myanmar)

Han Thar Nyein fiel als einer der ersten unabhängigen Medienschaffenden der Verfolgung durch die Junta zum Opfer. Er wurde knapp einen Monat nach dem Militärputsch im Februar 2021 verhaftet. Vor zehn Jahren gründete der Journalist die Nachrichtenagentur Kamayut Media mit, die die Welt mit vertrauenswürdigen Informationen über das Geschehen in Myanmar versorgt. Trotz des Militärputsches wollte er diese Arbeit weiterführen. Aktuell wird er im berüchtigten Insein-Gefängnis am Stadtrand von Yangon festgehalten. Dort wurde er Opfer von extremer Gewalt, Folter, Verbrennungen am ganzen Körper sowie Vergewaltigungs- und Morddrohungen. Sein Kollege bei Kamayut Media, Nathan Maung, wurde zur selben Zeit wie er festgenommen. Da dieser US-Staatsbürger ist, wurde er dank diplomatischer Verhandlungen schnell wieder freigelassen. Als myanmarischer Staatsbürger hat Han Thar Nyein dieses Privileg nicht und sitzt noch immer in Haft.

Preis für Wirkung

Der Preis für Wirkung wird an Medienschaffende, Medien oder NGOs verliehen, die mit ihrer Arbeit konkrete Verbesserungen für Pressefreiheit, Unabhängigkeit und Pluralismus im Journalismus oder eine stärkere Sensibilisierung für diese Themen bewirkt haben.

Mstyslav Chernov und Evgeniy Maloletka (Ukraine)

Die beiden Associated-Press-Journalisten Mstyslav Chernov und Evgeniy Maloletka waren die einzigen Medienschaffenden, die im März 2022 20 Tage lang die Auswirkungen der Kämpfe in der ukrainischen Stadt Mariupol für internationale Medien dokumentiert haben. Ihr Foto einer schwangeren Frau, die bei dem Beschuss eines Krankenhauses verletzt wurde, ging um die Welt und lenkte die internationale Aufmerksamkeit auf die Geschehnisse in der von russischen Truppen belagerten Stadt. Die Journalisten arbeiteten in Mariupol unter schwierigsten Bedingungen, da die russische Armee wegen der potenziellen Auswirkungen ihrer Fotos nach ihnen suchte. Doch die Zivilbevölkerung der Stadt unterstützte die beiden, da sie sich der Bedeutung ihrer Arbeit bewusst war.

Kavita Devi (Indien)

Kavita Devi ist Mitbegründerin und Direktorin der Nachrichtenwebseite Khabar Lahariya, die ausschließlich von Journalistinnen aus dem ländlichen Raum geführt wird. Sie wurde so zum Symbol und zur Stimme eines vergessenen Teils der indischen Gesellschaft: der Landbevölkerung, die kein Englisch oder Hindi spricht. Da sie in eine Dalit-Familie (früher als „Unberührbare“ bekannt) hineingeboren und im Alter von zwölf Jahren verheiratet wurde, hätte ihr Leben eigentlich dem traditionellen Weg mit Haus, Kindern und Vieh folgen müssen. Aber sie studierte und gründete 2002 mit anderen Studentinnen Khabar Lahariya. Sie stellten sich der Herausforderung, weiblichen Journalismus im traditionell Männer-dominierten Mediensektor zu etablieren und die religiöse Diskriminierung der marginalisierten indischen Landbevölkerung zu thematisieren. Dadurch hat sie der indischen Gesellschaft zu mehr Repräsentation und Bürgerautonomie verholfen. Außerdem konnte sie damit einen pluralistischen, von den traditionellen Machtzentren unabhängigen Journalismus erreichen.

Adama Dramé (Mali)

Ohne Adama Dramé wäre der Fall Birama Touré in Vergessenheit geraten. Der Direktor der malischen investigativen Wochenzeitung Le Sphinx kämpft unermüdlich, seit sein Reporter Birama Touré 2016 in Bamako verschwand. Eine gemeinsame Untersuchung von Adama Dramé und RSF offenbarte, dass Touré entführt, gefoltert und höchstwahrscheinlich in einer Haftanstalt der Staatssicherheit getötet wurde. Grund dafür könnte sein, dass er sich zu sehr für die Aktivitäten von Karim Keïta, dem Sohn des damaligen Präsidenten, der 2022 durch einen Putsch gestürzt wurde, interessiert hatte. Karim Keïta floh nach dem Putsch nach Côte d’Ivoire, doch die malischen Behörden stellten einen Haftbefehl gegen ihn aus. Der ehemalige Chef des malischen Geheimdienstes, General Moussa Diawara, wurde im Zusammenhang mit Tourés Verschwinden festgenommen. Diese unerwarteten Entwicklungen wären niemals ohne die Enthüllungen, an denen Dramé beteiligt war, möglich gewesen. Aus Angst um sein Leben musste Dramé aus dem Land fliehen, recherchiert aber weiterhin zu dem Fall und hofft, eines Tages herauszufinden, was genau mit Birama Touré geschehen ist.

Amazônia Real (Brasilien)

Amazônia Real wurde 2013 von zwei Frauen, Katia und Elaize, gegründet und ist eine unabhängige Journalismusagentur mit Sitz in Manaus, der Hauptstadt des Bundesstaates Amazonas. Die Agentur wird ausschließlich von Frauen geleitet und produziert ethischen und investigativen Journalismus. Außerdem gibt sie denjenigen, die kaum von den Mainstream-Medien beachtet werden, eine Stimme. Sie veröffentlicht Berichte über den Einfluss des Klimawandels, der daraus resultierenden Überschwemmungen und der Entwaldung auf die indigenen Gemeinschaften und Minderheiten der Region, beschreibt deren Leben und erzählt ihre Geschichten. Die nationalen Medien haben die jüngsten Berichte der Agentur über Zusammenstöße zwischen der Polizei und illegalen Goldwäschern, über die Nutzung von neuen industriellen Pestiziden und die Beschlagnahmung des Landes lokaler Gemeinschaften aufgegriffen. Die Non-Profit-Organisation hat es sich zum Grundsatz gemacht, keine finanzielle Unterstützung vom Staat oder von Personen oder Unternehmen anzunehmen, die im Zusammenhang mit Umweltverbrechen, Zwangsarbeit oder Gewalt gegen Frauen stehen. Als der britische Journalist Dom Phillips und der Indigenenexperte Bruno Pereira im Juni 2022 ermordet wurden, hat die Agentur viele Berichte veröffentlicht, um die Umstände ihres Todes aufzudecken und die Arbeit von Medien im Amazonasgebiet zu beleuchten.

Reporters United (Griechenland)

Reporters United ist ein Netzwerk von Reporterinnen und Reportern mit dem gemeinsamen Ziel, den investigativen Journalismus in Griechenland zu stärken. Die Organisation arbeitet bei grenzüberschreitenden Recherchen mit internationalen Journalistinnen und Journalisten und Medien zusammen und veröffentlicht Beiträge zu Themen, die in der Berichterstattung griechischer Medien oft keinen Platz finden. Die Organisation ist äußerst bedacht auf die Transparenz ihrer finanziellen Mittel und auf ihre Unabhängigkeit. Auch wenn sie schon mehrfach Knebelklagen (SLAPPs) ausgesetzt waren und ihnen der Zugang zu staatlich gesicherten Informationen verwehrt wurde, hat Reporters United große Skandale aufgedeckt, beispielsweise die Überwachung von Medienschaffenden, Umweltverstöße und Korruptionsfälle in griechischen Migrationsministerium. Als seltenes Beispiel für journalistische Professionalität inmitten von Medienpolarisation und Regierungspropaganda muss die Organisation mit den großen Problemen kämpfen, die unabhängigen Journalismus in Griechenland bedrohen. Das Land hat von allen EU-Ländern in der Rangliste der Pressefreiheit 2022 am schlechtesten abgeschnitten und steht auf Platz 108 von 180.

Preis für Unabhängigkeit

Der Preis für Unabhängigkeit wird an Medienschaffende, Medien oder NGOs verliehen, weil sie sich dem Druck von Obrigkeiten (einschließlich finanziellem, politischem, wirtschaftlichem oder religiösem Druck) widersetzen oder wegen der Werte und Regeln, die ihnen diesen Widerstand ermöglichen.

TOLOnews (Afghanistan)

Der private Fernsehsender TOLOnews wurde bereits 2005 mit dem RSF Press Freedom Award ausgezeichnet. Der Sender setzt seine Arbeit in Kabul fort, auch wenn die Taliban seit ihrer Machtübernahme am 15. August 2021 kontinuierlich Druck auf ihn ausüben. TOLOnews ist einer der größten privaten Fernsehsender Afghanistans und seine neutrale, faktenbasierte Berichterstattung verkörpert die besten Grundsätze des Journalismus. Dadurch, dass der Sender seine Berichterstattung trotz der schwierigen Umstände weiterführt, zeigt er, dass eine unvoreingenommene Berichterstattung auch unter den widrigsten Umständen aufrechterhalten werden kann und muss.

Omar Radi (Marokko)

Der Enthüllungsjournalist und Menschenrechtsaktivist Omar Radi wird seit mehr als zehn Jahren von der Justiz in Marokko verfolgt, weil er über Korruption und andere sensible Themen berichtet. Die Behörden begannen im Juni 2020 gegen ihn wegen Spionageverdachts zu ermitteln. Kurz zuvor hatte Amnesty International berichtet, dass die Spähsoftware Pegasus dafür genutzt wurde, Informationen von seinem Handy zu erhalten. Einen Monat später wurde er auf Grundlage eines Vergewaltigungsvorwurfs festgenommen. Im Juli 2021 wurde er wegen vermeintlicher Vergewaltigung und Spionage zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt. Die Behörden hatten ihn schon mindestens drei Jahre vor diesem Prozess im Visier. Im April 2021 begann er einen Hungerstreik als Protest gegen seine Inhaftierung, musste aber den Streik nach 21 Tagen abbrechen, da er an Morbus Crohn leidet. Sein Gesundheitszustand ist seitdem sehr schlecht.

Lady Ann Salem (Philippinen)

Lady Ann Salem verkörpert eine neue Generation von Journalistinnen und Journalisten auf den Philippinen, die dem Vorbild von Maria Ressa folgt. Dafür wurde sie zum Ziel des sogenannten Red-Taggings. „Red-Tagging“ umschreibt die Praxis, dass Personen und Organisationen von der Regierung grundlos als Kommunistinnen oder Terroristen „markiert“ werden. Im Dezember 2020 wurde Salem aufgrund von Terrorismusvorwürfen inhaftiert, nachdem die Polizei in ihrem Haus Waffen platziert hatte. Im Februar 2021 erklärte ein Gericht ihre Inhaftierung für ungültig. Sie musste jedoch einen weiteren Monat warten, bis sie freigelassen wurde. Sie ist Redakteurin von Manila Today und koordiniert das alternative Mediennetzwerk Altermidya, das vor allem ausführliche Artikel, Berichte und Vor-Ort-Recherchen veröffentlicht und über die Randgruppen der philippinischen Gesellschaft berichtet, die von den Mainstream-Medien ignoriert werden. Als Mitglied der International Association of Women in Radio and Television (IAWRT) kämpft sie zudem für Frauenrechte.

Bettie K. Johnson Mbayo (Liberia)

Die unabhängige Investigativjournalistin Bettie K. Johnson Mbayo gründete 2020 The Stage Media, ein Unternehmen für Fact Checking und investigativen Journalismus und eine der zuverlässigsten Quellen für Nachrichten und Informationen in Liberia. Mit ihrer investigativen Arbeit hat sie mehrere große Skandale in den Bereichen Politik, Korruption, Menschenrechte und Probleme von Frauen in Liberia dokumentiert und enthüllt. Nachdem sie einen Fall von Korruption enthüllt hatte, boten ihr hochrangige Beamte an, die Öffentlichkeitsarbeit für die Regierung zu übernehmen. Sie lehnte das Angebot aber ab. Auch ihre Familie wurde bereits unter Druck gesetzt. Ihr Ehemann, der Arzt ist, wurde vom Leiter eines Krankenhauses bedroht. Zuvor hatte Bettie K. Johnson Mbayo einen Bericht über eine Frau veröffentlicht, die gezwungen wurde, im Krankenhaus zu bleiben, da sie die Rechnungen für ihre Behandlung nicht zahlen konnte. Dem Paar wurden auch internationale Forschungsstipendien angeboten, um sie dazu zu bringen, das Land zu verlassen.

Bolot Temirow (Kirgistan)

Die kirgisischen Behörden haben Bolot Temirow immer wieder belästigt und ausspioniert. Der bekannteste Investigativjournalist Kirgistans lässt sich von dieser juristischen Verfolgung und Erpressung aber nicht unterkriegen und lädt weiterhin seine Berichte in Form von Videos auf seinem YouTube-Kanal Temirov Live hoch. Er wurde wegen vermeintlichen Drogenbesitzes angezeigt, nachdem ihm die Polizei bei einer Razzia im Februar 2022 die Drogen untergeschoben hatte. Temirow hatte kurz vor dieser Razzia Videos veröffentlicht, in denen er eine korrupte Beteiligung von Verwandten des Politikers Kamtschibek Taschijew an der staatlichen Ölgesellschaft analysierte. Die Ölgesellschaft verklagte ihn daraufhin. Seit April laufen drei Strafverfahren. Die Polizei verhörte seine Frau und Mitarbeiter von Temirov Live, zugleich wurden mit versteckter Kamera gefilmte Videos von seinem Privatleben online gestellt. Trotzdem postete Temirow weiter, vor allem über Korruptionsfälle. Zuletzt jedoch haben die kirgisischen Behörden Temirow direkt aus dem Gerichtssaal nach Russland abgeschoben.

Seit 1992 fördert, unterstützt und honoriert RSF mit seinen Press Freedom Awards die Arbeit von Journalistinnen, Journalisten und Medien, die einen bedeutenden Beitrag zur Verteidigung oder Förderung der Pressefreiheit auf der ganzen Welt leisten. Mehr als 50 Männer, Frauen, Medienunternehmen und NGOs haben ihn bis heute erhalten.

Drei ehemalige Preisträgerinnen und Preisträger werden den Gewinnerinnen und Gewinnern der 30. Press Freedom Awards am 12. Dezember in Paris ihre Preise überreichen: Can Dündar, türkischer Journalist; Lina Attalah, Mitbegründerin und Herausgeberin der unabhängigen ägyptischen Zeitung Mada Masr; und Matthew Caruana Galizia, Investigativjournalist und Sohn der maltesischen Journalistin Daphne Caruna Galizia, die 2017 durch eine Autobombe ermordet wurde. Dimitri Muratow, russischer Journalist und Friedensnobelpreisträger von 2021, wird die Veranstaltung eröffnen.

Wie jedes Jahr besteht die Jury der Press Freedom Awards unter dem Vorsitz von RSF-Präsident Pierre Haski aus acht weiteren prominenten Medienschaffenden und Verteidigerinnen und Verteidigern der Pressefreiheit aus der ganzen Welt: Rana Ayyub, indische Journalistin und Kolumnistin der Washington Post; Raphaëlle Bacqué, prominente Reporterin für Le Monde; Mazen Darwish, syrischer Anwalt und Präsident des Syrischen Zentrums für Medien und Meinungsfreiheit (SCM); Zaina Erhaim, syrische Journalistin und Kommunikationsberaterin; Erick Kabendera, tansanischer investigativer Reporter; Hamid Mir, pakistanischer Reporter, Kolumnist und Autor; Frederik Obermaier, Investigativjournalist und Mitgründer des Rechercheteams paper trail media; und Michail Sygar, russischer Journalist und Gründungs-Chefredakteur von Doschd, Russlands einzigem unabhängigen TV-Nachrichtensender.



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