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Bangladesch

Rangliste der Pressefreiheit — Platz 163 von 180
Bangladesch 01.10.2015

Islamisten bedrohen Blogger in Deutschland

Protest in Dhaka gegen den Mord an Blogger Ananta Bijoy. ©picture alliance / dpa

Reporter ohne Grenzen ist beunruhigt über eine jüngst in Bangladesch veröffentlichte Todesliste, auf der auch sechs in Deutschland lebende Blogger stehen. Die Liste wurde vermutlich von der islamistischen Gruppe Ansarullah Bangla Team veröffentlicht, die bereits für vier brutale Morde an säkularen Bloggern in diesem Jahr verantwortlich gemacht wird.

„Die Liste ist ein Angriff auf die Pressefreiheit - nicht nur in Bangladesch, sondern weltweit“, sagte ROG-Geschäftsführer Christian Mihr in Berlin. „Die Regierung Bangladeschs sollte Journalisten besser schützen, Religions- und Meinungsfreiheit garantieren und die Mörder der Blogger bestrafen.“

Blogger im Ausland bedroht

Als Urheber der Liste, die Reporter ohne Grenzen vorliegt, wird die Gruppe Ansarullah Bangla Team (ABT) vermutet. Sie steht der islamistischen Bewegung Ansar al-Islam nahe, die als Teil von Al-Qaida auf dem indischen Subkontinent gilt.

Die Liste umfasst die Namen von 21 Bloggern, Autoren und Aktivisten, die aus Bangladesch stammen und heute im Exil leben. Die Verfasser rufen die Regierung Bangladeschs dazu auf, diesen „Feinden des Islam“ die Staatsbürgerschaft zu entziehen; andernfalls werde man sie auch im Exil verfolgen und töten. Sechs der Bedrohten leben in Deutschland, neun in Großbritannien, drei in Schweden, zwei in den USA und einer in Kanada.

Zu ihnen gehört der 24-jährige Ananya Azad, der seit Juni Stipendiat der Hamburger Stiftung für politisch Verfolgte ist und schon 2013 auf einer Todesliste islamistischer Extremisten stand. In seinen Texten setzt er sich für Frauenrechte und demokratische Reformen ein und kritisiert religiösen Fundamentalismus.

Auch wenn ROG die Herkunft der Liste bisher nicht mit letzter Sicherheit bestätigen kann, nimmt die Organisation die Drohungen sehr ernst. Es ist das erste Mal, dass ABT explizit kritische Blogger im Ausland bedroht.

Morde bleiben straffrei - Regierung in der Kritik

ABT wird für mindestens vier Morde an kritischen Bloggern seit Jahresbeginn verantwortlich gemacht. Am 7. August töteten ABT-Anhänger den Blogger Niloy Neel brutal mit Macheten und enthaupteten ihn. Er hatte islamistischen, hinduistischen und buddhistischen Fundamentalismus kritisiert und stand dafür seit November 2014 auf einer Todesliste. Bei ähnlichen Anschlägen starben am 12. Mai Blogger Ananta Bijoy Das und am 30. März Washiqur Rahman.

Am 26. Februar wurde der Blogger und Wissenschaftsjournalist Avijit Roy, der auch die US-amerikanische Staatsbürgerschaft besitzt, in Dhaka ermordet. Der Name seiner Frau, die den Anschlag überlebte, steht auf der aktuell veröffentlichten Todesliste.

Die Regierung Bangladeschs hat zwar in den Mordfällen an Avijit Roy und Washiqur Rahman ABT-Mitglieder als Verdächtige verhaftet. Darüber hinaus hat sie jedoch bisher wenig getan, um kritische Journalisten und Blogger zu schützen. Stattdessen rief sie diese zur Selbstzensur auf und legte ihnen nahe, keine provokanten Artikel zu religiösen Fragen zu veröffentlichen. Im Mai forderten mehr als 150 internationale Autoren und Journalisten die Regierung dazu auf, mehr zu tun, um Meinungsfreiheit in Bangladesch zu gewährleisten und die Mörder der Blogger zu verurteilen.

Auf der Rangliste der Pressefreiheit belegt Bangladesch Platz 146 von 180 Staaten.



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