Aus: Fotos für die Pressefreiheit 2022

Lage der Pressefreiheit in Kuba

Mit Festnahmen, Hausarrest und Ausreiseverbot versuchte die Regierung in Havanna unabhängige Berichterstatter einzuschüchtern – mehr denn je, seitdem die Corona-Krise im Juli die größten Proteste seit 27 Jahren ausgelöst hatte.

Lebensmittelmangel sowie Lockdown und überfüllte Krankenhäuser in der Corona-Pandemie haben in Kuba im Juli zur ersten landesweiten Protestbewegung seit 27 Jahren geführt. Eine Person starb, Dutzende wurden verletzt, mehr als tausend Menschen verhaftet. Unter den Verletzten befand sich der AP-Fotograf Ramón Espinosa. Ein Kollege sagte aus, das Sicherheitskräfte ihn ohne Grund attackiert hätten. 

15 Journalisten wurden während oder nach den Protesten bedroht, angegriffen oder festgenommen. Die Vorwürfe gegen sie reichten von Störung der öffentlichen Ordnung über Anstiftung zu Verbrechen bis zu „Verbreitung der Epidemie“. Auch Monate später standen einige immer noch unter Hausarrest – darunter Camila Acosta, Korrespondentin der spanischen Tageszeitung ABC und des kritischen Nachrichtenportals CubaNet. Sie war am 12. Juli festgenommen worden und durfte erst auf Intervention des spanischen Premierministers Pedro Sánchez wieder nach Hause.

„Unabhängige Journalisten sind in Kuba nicht vorgesehen, es gibt keine Pressegesetzgebung, keine Institutionen, die sich für freie Meinungsäußerung engagieren“, erklärt CubaNet-Reporter Augusto César San Martín Albistur. Die Verfassung verbietet private Medien, die autoritäre Regierung besitzt quasi ein Monopol. Die wenigen kritischen Berichterstatter werden überwacht und eingeschüchtert. Um der andauernden Bedrohung eine Zeit lang zu entkommen, kam San Martín Albistur zunächst für drei Monate mit dem Auszeit-Stipendium von RSF nach Deutschland. Eine Rückkehr nach Kuba scheint derzeit nicht möglich. 

Viele kubanische Medienschaffende dürfen gar nicht erst ausreisen. Auch die Berichterstattung ausländischer Medien wird streng reguliert. Das fünfköpfige Team der spanischen Nachrichtenagentur Efe musste am 13. November seine Akkreditierungen abgeben. Der Grund könnte ein Vorab-Interview über den „friedlichen Marsch des Wandels“ am 15. November gewesen sein: eine geplante Kundgebung für die Freilassung politischer Gefangener. Die Initiatoren wurden jedoch unter Hausarrest gestellt und die angekündigte Demonstration verboten, so dass der große Protest nicht stattfinden konnte.

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