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Saudi-Arabien

Rangliste der Pressefreiheit — Platz 170 von 180
Saudi-Arabien 14.03.2022

Badawis Haft war illegal

Raif Badawis Frau Ensaf Haidar hält ein Protestplakat mit dem Foto ihres Ehemanns in den Händen © picture alliance / dpa / Salvatore Di Nolfi
Raif Badawis Frau Ensaf Haidar mit einem Protestplakat © picture alliance / dpa / Salvatore Di Nolfi

[Update vom 14. März]

Am Freitag (11.03.) ist Raif Badawi nach über zehn Jahren Haft tatsächlich freigekommen. Allerdings gilt nun das ebenso lange Ausreiseverbot, das bereits Teil der ursprünglichen Strafe war. Reporter ohne Grenzen appelliert an König Salman, Badawi ein weiteres Jahrzehnt getrennt von seiner Familie zu ersparen und ihn nach Kanada zu seiner Frau Ensaf Haidar und den Kindern ausreisen zu lassen.

 

Reporter ohne Grenzen (RSF) und die Giordano-Bruno-Stiftung (GBS) appellieren an die saudischen Behörden: Die Bedingungen der Haftstrafe gegen den Blogger Raif Badawi müssen eingehalten werden. Demnach hätte er nach zehnjähriger Haftstrafe bereits am 28. Februar dieses Jahres entlassen werden müssen.

„Die andauernde Inhaftierung von Raif Badawi ist empörend, nach einer Haftstrafe, die er ohnehin niemals hätte verbüßen müssen“, sagte RSF-Geschäftsführer Christian Mihr. „Indem die saudischen Behörden ihn weiter gefangen halten, fügen sie ihrer langen Liste von Verbrechen gegen die Pressefreiheit ein weiteres hinzu. Doch genug ist genug – öffentliche Debatten und Journalismus sind keine Verbrechen. Badawi muss ohne weitere Verzögerung freigelassen werden!“

Verhaftet worden war er für die „Beleidigung des Islam“. RSF und die GBS, die dem Blogger 2016 den Deschner-Preis verliehen hat, sowie viele andere internationale Organisationen haben die Maßnahme zu jeder Zeit als willkürlich betrachtet. Jetzt ist Badawis Haft sogar nach saudischem Recht illegal. Doch das Schweigen der saudischen Behörden zu dem Fall scheint endlos.

Wie RSF erfahren hat, verhandeln Regierungen der Europäischen Union derzeit mit den saudischen Behörden über eine mögliche Freilassung. Mehr als eine Quelle hat von „Zeichen“ gesprochen, die „Mut machen“, dass er diesen Monat entlassen werden könnte.

Die zivilgesellschaftlichen Organisationen, die sich für Badawi eingesetzt haben, sind frustriert über das Ausbleiben jeglicher Reaktion der staatlichen Vertreterinnen und Vertreter. Bisher wurde weder eine offizielle Bestätigung noch ein genaues Datum für seine Freilassung bekannt gegeben. RSF hat sich wiederholt an die saudischen Behörden gewandt, um Erklärungen und Neuigkeiten zu erhalten, jedoch ohne Erfolg.

„Viele der Reformen, die Badawi vor zehn Jahren gefordert hat, sind inzwischen vom saudischen Königshaus selbst umgesetzt worden“, sagt der Sprecher der Giordano-Bruno-Stiftung, Michael Schmidt-Salomon. „Wir hoffen daher, dass die saudischen Behörden dies anerkennen und ihm die Möglichkeit geben, seine Frau und Kinder nach dieser langen Zeit endlich wieder zu sehen.“

Zur fehlenden Transparenz seitens der saudischen Behörden hinzu kommt Verwirrung über den Kalender: Die saudische Justiz nutzt den Hidschri-Kalender, auch bekannt als islamischer Kalender, anstelle des gregorianischen Kalenders, der in den meisten Ländern der Welt verwendet wird.

Badawi hat am 26. Rajab 1443, was dem 28. Februar 2022 entspricht, insgesamt zehn Hidschri-Jahre im Gefängnis verbracht. Da er am 17. Juni 2012 verhaftet wurde, wäre sein Entlassungsdatum nach dem gregorianischen Kalender der 17. Juni 2022.

Raif Badawi hatte 2008 ein Online-Forum mit dem Namen Die saudischen Liberalen begründet, in dem er mit außergewöhnlicher Offenheit religiöse und gesellschaftliche Themen diskutierte. Im Jahr 2012 wurde er verhaftet und ein Jahr später wegen „Beleidigung des Islams“ zu zehn Jahren Gefängnis, 1.000 Peitschenhieben, einer Geldstrafe von einer Million Rial und einem zehnjährigen Ausreiseverbot nach Beendigung seiner Haftstrafe verurteilt.

Auf der Rangliste der Pressefreiheit steht Saudi-Arabien auf Platz 170 von 180 Staaten.



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