Malta 18.10.2021

Mörder endlich zur Rechenschaft ziehen

Rebecca Vincent, RSF-Direktorin für internationale Kampagnen (zweite von rechts), und Pavol Szalai, Europa- und Balkan-Verantwortlicher bei RSF in Paris (rechts), anlässlich Daphne Caruana Galizias viertem Todestag in Malta. © RSF
Rebecca Vincent, RSF-Direktorin für internationale Kampagnen (zweite von rechts), und Pavol Szalai, Europa- und Balkan-Verantwortlicher bei RSF in Paris (rechts), anlässlich Daphne Caruana Galizias viertem Todestag in Malta. © RSF

Kurz vor dem vierten Jahrestag der Ermordung der Journalistin Daphne Caruana Galizia sind Vertreterinnen und Vertreter von Reporter ohne Grenzen (RSF) und vier weiteren Organisationen nach Malta gereist. Wie schon beim ersten gemeinsamen Besuch im Jahr 2018 hatte die Reise zum Ziel, Daphne Caruana Galizias Leben, ihre Arbeit und ihren Mut zu würdigen, zugleich aber auch gegenüber den maltesischen Behörden die Erschütterung über den Fall und die Sorge um die Pressefreiheit im Land vorzubringen.

„Vertreterinnen und Vertreter von ARTICLE 19, des Committee to Protect Journalists (CPJ), des Europäischen Zentrums für Presse- und Medienfreiheit, der Europäischen Journalisten-Föderation und von RSF sind erneut nach Malta gereist, um darauf zu drängen, dass die Ermordung von Caruana Galizia strafrechtlich geahndet wird und die Empfehlungen des Abschlussberichts der öffentlichen Untersuchung umgesetzt werden. Wir fordern umfassende Reformen im Bereich der Pressefreiheit, die Anerkennung des Journalismus als vierte Säule der Demokratie und die Schaffung eines sicheren Umfelds für alle in Malta arbeitenden Journalistinnen und Journalisten – durch Gesetze und in der beruflichen Praxis", heißt es in einer gemeinsamen Veröffentlichung der beteiligten Organisationen. Und weiter:

„Bei einem persönlichen Treffen in Valletta bekräftigte Premierminister Robert Abela, sich für die Sicherheit von Medienschaffenden einzusetzen. Wir begrüßen seine Zusage, mit der Zivil- und der Mediengesellschaft im Dialog über die laufenden Reformen zu bleiben, und wir werden weiterhin unser Fachwissen und unsere technische Unterstützung anbieten.

Wir begrüßen ebenfalls und ein weiteres Mal die Ergebnisse der öffentlichen Untersuchung der Ermordung von Caruana Galizia und werden die Umsetzung der wichtigsten Empfehlungen aufmerksam verfolgen. Wir betonen insbesondere, dass die Kommission der Expertinnen und Experten vollständig unabhängig sein muss und dass sichergestellt werden muss, dass das Mandat der Kommission sowie ihre Zusammensetzung internationalen Standards entspricht.

Malta kann und sollte diese Gelegenheit ergreifen und den Schaden für die Pressefreiheit und das internationale Ansehen des Landes beheben. Wir hoffen, dass die Umsetzung der Empfehlungen der öffentlichen Untersuchung einen echten Wendepunkt für das Land darstellen wird. Wir sind bereit, in dieser Hinsicht weitere Unterstützung zu leisten.“

Unterzeichnende:

Daphne Caruana Galizia war am 16. Oktober 2017 durch eine Autobombe getötet worden. Sie war 53 Jahre alt. Immer wieder hatte die Investigativjournalistin über Korruption in der maltesischen Regierung und Wirtschaft berichtet. Dafür wurden sie und ihre Familie bedroht und belästigt, sie wurde als „Nestbeschmutzerin“ beschimpft. Zwei Wochen vor ihrer Ermordung hatte Caruana Galizia wegen Todesdrohungen Anzeige erstattet. Ende Juli dieses Jahres stellte eine öffentliche Untersuchung fest, dass der Staat eine Mitverantwortung für die Tat trägt. Die staatlichen Institutionen hätten eine Atmosphäre der Straflosigkeit geschaffen und zudem die reale, unmittelbare Lebensgefahr für Caruana Galizia vor ihrem Tod missachtet und keine Schutzmaßnahmen ergriffen, heißt es in dem Bericht.

Seit Dezember 2017 sitzen drei Männer wegen Beteiligung an der Tat in Haft. Premierminister Joseph Muscat sowie einige seiner Minister traten Anfang 2020 aufgrund des öffentlichen Drucks zurück. Einer der drei Angeklagten ist im Februar zu 15 Jahren Haft verurteilt worden. Dennoch ist bis heute nicht eindeutig geklärt, wer den Auftrag zur Ermordung gegeben hat und welche Rolle genau der mutmaßliche Drahtzieher Yorgen Fenech spielt.

Auf der Rangliste der Pressefreiheit belegt Malta Platz 81 von 180 Staaten. Seit der Ermordung von Daphne Caruana Galizia im Jahr 2017 hat das Land 34 Plätze verloren.



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