Tadschikistan 14.04.2011

Absurde Forderung der Regierung nach Auslieferung von Journalisten

Reporter ohne Grenzen (ROG) kritisiert die Versuche der tadschikischen Regierung, die Rückkehr eines exilierten Journalisten zu erzwingen.  Die derzeitigen Bemühungen der Regierung um eine Auslieferung des in Deutschland und Russland im Exil lebenden tadschikischen  Journalisten und Oppositionellen Dodojon Atovulloev bezeichnet ROG als „unrechtmäßig und absurd“.

Einen entsprechenden Antrag sandte die tadschikische Generalstaatsanwaltschaft in der Hauptstadt  Duschanbe am 12. April an die russischen Behörden. Atovulloev  lebt als politischer Flüchtling in Hamburg und hält sich zurzeit in Moskau auf. ROG appelliert an die russischen Behörden, dem Gesuch der tadschikischen Regierung nicht nachzukommen. Sowohl an die russische als auch an die deutsche Regierung sendet ROG darüber hinaus den Appell, Atovulloev zu schützen, der im Jahr 2002 Asyl in Deutschland erhielt.  

„Ein politischer Flüchtling darf unter keinen Umständen zurück in sein Heimatland geschickt werden. Die tadschikische Forderung  verstößt gegen die Grundprinzipien des Völkerrechts “, so ROG.

Atovulloev  ist Gründer und Herausgeber der oppositionellen Monatszeitung Charogi Ruz (übersetzt: „Tageslicht“). Das Blatt war die erste Publikation seit der tadschikischen Unabhängigkeit im Jahr 1991, die sich im Privatbesitz befand. Es entwickelte sich bald zu einem einflussreichen regierungskritischen Organ.  Die Zeitung verlegte ihren Sitz nach Moskau, als ihre Redaktionsräume in Duschanbe durchsucht worden waren.

Atovulloev musste nach Morddrohungen und einer Anklage wegen „Präsidentenbeleidigung“  und „Anstiftung zu nationalem, rassistischem und religiösem Hass“ im Jahr 2001 aus Tadschikistan fliehen. Mehrere Mitglieder seiner in der Heimat verbliebenen Familie wurden jedoch für einige Wochen festgenommen.

Im Juli 2001 wurde Atovulloev am Flughafen in Moskau verhaftet. Nur dank einer engagierten, internationalen Kampagne von Menschenrechtsgruppen konnte die Auslieferung des Journalisten  verhindert werden. Die Anklagepunkte gegen den Journalisten wurden zunächst fallengelassen. Doch Atovulloev ließ sich nicht einschüchtern: Seine Zeitung verbreitete weiter regierungskritische Artikel. 2007 gründete Atovulloev außerdem die Oppositionspartei „Vatandor“.
 
Ein Jahr später wurde gegen den Herausgeber und politischen Aktivisten erneut Anklage wegen „Präsidentenbeleidigung“ erhoben. Daneben wurde ihm vorgeworfen „öffentlich zum gewalttätigen Umsturz der gesetzlichen Ordnung aufgefordert zu haben“. Der tadschikische Generalstaatsanwalt Scherhon Salimsoda bezieht sich in dem jetzigen Auslieferungsgesuch auf diese im Jahr 2008 erhobenen Anklagepunkte.

Die Lage der Pressefreiheit in Tadschikistan hat sich im letzten Jahr verschlechtert. Auf der ROG-Rangliste der Pressefreiheit steht das Land auf Rang 115 von insgesamt 178. Im September 2010 berichteten unterschiedliche Medien von bewaffneten Konflikten im tadschikischen Rascht-Tal. Daraufhin wurde die Produktion verschiedener unabhängiger Zeitungen vorrübergehend eingestellt und kritische Internetseiten blockiert.



Pressekontakt:
Anja Viohl
Tel.: 030 202 15 10 - 16


nach oben