21.12.2005

Äthiopien ist größtes Gefängnis für Journalisten in Afrika – UN soll Prozesse beobachten

Flagge Äthiopien

Heute werden in Äthiopien 131 politische Gefangene vor Gericht angehört – unter ihnen 13 Journalisten. Reporter ohne Grenzen wird die anstehenden Verfahren aufmerksam verfolgen und hat die Vereinten Nationen aufgefordert, die Prozesse auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu beobachten.

Den Gefangenen wird vorgeworfen, zum Aufstand gegen die Regierung aufgerufen zu haben. Hochverrat und sogar Genozid lauten die Anklagepunkte. „Dies sind schwerwiegende Vorwürfe“, so Reporter ohne Grenzen. „Die äthiopische Regierung muss Transparenz in diesen Fällen gewährleisten. Premier Zenawi darf nicht auf Kosten der Freiheit und des Lebens äthiopischer Bürger die Kritik an der eigenen Person zerstreuen.“

Die beschuldigten Journalisten wurden kurz nach den gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Demonstranten im November festgenommen, gemeinsam mit Führern der oppositionellen „Coalition for Unity and Democracy“ (CUD), Menschenrechtsaktivisten und Vertretern der Zivilgesellschaft.

Die Demonstrationen gehen zurück auf die Wahlen vom Mai dieses Jahres. Die regierende Partei von Premierminister Meles Zenawi hatte Zweidrittel aller Plätze im Parlament erhalten. Die CUD wirft dem Premier vor, das Wahlergebnis manipuliert zu haben und rief zu Protesten für mehr Gerechtigkeit und Demokratie auf. Dabei wurden 48 Menschen getötet, 200 verletzt und mindestens 11.000 verhaftet.

Nach diesen Massenverhaftungen ist Äthiopien nun mit 17 Journalisten hinter Gittern das größte Gefängnis für Journalisten in Afrika und weltweit das drittgrößte nach China (32) und Kuba (24).

Reporter ohne Grenzen (ROG) fordert schon seit langem die Freilassung von zwei Journalisten der Oromo-sprachigen Abteilung des staatlichen äthiopischen Fernsehens. Ihnen wird vorgeworfen, Informanten der bewaffneten Separatisten „Oromo Liberation Front“ zu sein. Sie werden seit dem 22. April 2004 ohne Gerichtsverfahren festgehalten. Außerdem verurteilt ROG die langjährigen Gefängnisstrafen, die in den vergangenen Wochen gegen drei Journalisten aufgrund älterer Anklagen verhängt wurden; einer von ihnen muss zusätzlich bei der heutigen Anhörung vor Gericht erscheinen.

Für weitere Informationen:
Katrin Evers
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
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