23.09.2011

Anti-Terror-Gesetz darf nicht zur Verfolgung kritischer Journalisten eingesetzt werden

Reporter ohne Grenzen (ROG) kritisiert die missbräuchliche Anwendung des Anti-Terror-Gesetzes gegen Journalisten in Äthiopien. Seit Ende August wurden mindestens sechs Journalisten auf Basis des Gesetzes verfolgt, fünf von ihnen sind in Haft. ROG appelliert an die äthiopische Regierung, das im Sommer 2009 verabschiedete Anti-Terror-Gesetz nicht zu missbrauchen, um kritische Journalisten und Menschenrechtsaktivisten zum Schweigen zu bringen. Nach dem umstrittenen Gesetz kann beispielsweise eine Berichterstattung über Gruppen, die von der Regierung als „terroristisch“ eingestuft werden, strafbar sein und eine mehrjährige Haftstrafe zur Folge haben.

ROG-Generalsekretär Jean-François Julliard erklärte, das weit gefasste Gesetz sei eine Bedrohung für jeden Äthiopier, der sich frei artikulieren möchte. Die damit einhergehenden Verhaftungen und anderen Repressionen riefen bei Medien und Journalisten Angst und Unsicherheit hervor, so Julliard weiter.

Am 6. September dieses Jahres wurden in Addis Abeba vier Journalisten auf der Grundlage des Anti-Terror-Gesetzes angeklagt. Den zwei schwedischen Journalisten Johan Persson und Martin Schibbye sowie den beiden äthiopischen Journalisten Reyot Alemu und Woubeshet Taye drohen lebenslange Haftstrafen. ROG hält die Vorwürfe gegen die vier Journalisten für unrechtmäßig und fordert ihre sofortige Freilassung.

ROG kritisiert außerdem die Anklage gegen den Journalisten Elias Kifle wegen Terrorismus. Es ist bereits die zweite Klage, die in Abwesenheit des Journalisten erhoben wurde. Kifle lebt in Washington. Von dort aus betreibt er die für ihre Regierungskritik bekannte Website Ethiopian Review.

Zuletzt wurde am 15. September der Journalist und langjährige Regierungskritiker Eskinder Nega in Addis Abeba wegen angeblicher Planung von Terroraktionen festgenommen. Mit ihm zusammen wurden vier Mitglieder der Oppositionspartei verhaftet. Alle fünf werden beschuldigt, Terrorakte geplant und Verbindungen zu der oppositionellen Gruppe „Ginbot 7“ unterhalten zu haben. Das Parlament hatte diese Vereinigung erst kürzlich als „terroristisch“ eingestuft. „Ginbot 7“ wurde von einem der führenden Oppositionspolitiker Äthiopiens, Berhanu Nega, gegründet und ist inzwischen als Partei verboten.

Eskinder Nega wurde bereits zum dritten Mal von der Polizei verhaftet. Im Februar dieses Jahres nahm die Polizei ihn aufgrund mehrerer Onlineartikel fest: Sie beschuldigte den Journalisten, während der Aufstände in Tunesien und Ägypten zum Widerstand gegen die äthiopische Regierung aufgerufen zu haben. Im Jahr 2005 wurde Nega zusammen mit seiner Frau verhaftet, weil er Proteste nach den Parlamentswahlen unterstützt hatte. Nach seiner damaligen Freilassung wurde ihm das Recht aberkannt, eigene Zeitungen herauszugeben. Davor war Nega Eigentümer von vier Wochenzeitungen. ROG appelliert an die äthiopische Regierung, Eskinder Nega einen fairen und transparenten Prozess zu garantieren.

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