Syrien 16.12.2008

Berufungsgericht lehnt Freilassung von Michel Kilo ab

Reporter ohne Grenzen (ROG) verurteilt die Entscheidung des Berufungsgerichtes in Damaskus, den Journalisten und Menschenrechtsaktivisten Michel Kilo doch nicht aus der Haft zu entlassen. Mit dem gestrigen Urteil hat das Gericht seine frühere Entscheidung, Kilo freizulassen, widerrufen.

„Das Gericht hat Michel Kilos Hoffnungen auf Freiheit zerschlagen. Der Journalist hat das Recht, entlassen zu werden. Aber die syrische Justiz hat ihre vorherige Entscheidung einfach rückgängig gemacht und Kilos Akte geschlossen. Ein weiteres Mal haben sich damit syrische Richter in den Dienst der Regierung gestellt und Bürger verfolgt, die lediglich ihre Meinung geäußert haben. Wir bitten nun Präsident Baschar al-Assad, Michel Kilo zu begnadigen“, appelliert ROG.

Das Berufungsgericht sprach sich am 2. November für eine Freilassung Kilos aus, da er drei Viertel seiner Haftstrafe verbüßt hatte. Zwei Tage später, am 4. November, hat die Generalstaatsanwaltschaft das Urteil „im Interesse des Gesetzes“ angefochten. Der Fall ist deswegen am 15. Dezember während einer Plenarsitzung ein zweites Mal vor dem Berufungsgericht verhandelt worden.

Kilo, der sich für die Demokratisierung Syriens einsetzt, wurde am 14. Mai 2006 festgenommen, nachdem er den „Beirut-Damaskus, Damaskus-Beirut“-Aufruf unterschrieben hatte. Die gemeinsame Erklärung syrischer und libanesischer Intellektueller rief zur radikalen Änderung der Beziehungen zwischen den beiden Ländern auf. Michel Kilo wurde zu einer dreijährigen Gefängnisstrafe wegen „Schwächung des Nationalgefühls“ verurteilt. Seitdem ist Kilo im Gefängnis von Adra, in einem Vorort der syrischen Hauptstadt, inhaftiert.

Auf der „ROG-Rangliste der Pressefreiheit 2008“ steht Syrien auf Platz 159 von 173. Die Medien und das Internet werden stark kontrolliert und zensiert. Kritiker von Präsident Al-Assad und des politischen Systems werden konsequent verfolgt. Nach dem Iran gilt Syrien als „zweitgrößtes Gefängnis für Journalisten“ im Mittleren Osten. Zur Zeit sind vier Journalisten und fünf Internetdissidenten in Haft.

Weitere Informationen:
Anja Viohl, Reporter ohne Grenzen
Tel.: 030 615 85 85
presse@reporter-ohne-grenzen.de

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