05.09.2002

Charta zur Sicherheit von Journalisten in Kriegs- und Krisengebieten

 

Medien, staatliche Institutionen und die Journalisten selbst sollten alle
wichtigen Informationen untereinander austauschen und systematisch nach
Wegen suchen, um die Risiken zu begrenzen, die mit einem Einsatz in Kriegs-
und Krisengebieten verbunden sind. Solche Einsätze von freien oder fest
angestellten Journalisten, ihren Mitarbeitern, Stringern vor Ort und sie
begleitenden Personen verlangen eine angemessene Vorbereitung, Schulung,
Versicherung und Ausrüstung.

2. Grundsatz: Freiwilligkeit

Bewaffnete Konflikte bedeuten für Medienschaffende die Übernahme von
Risiken und ein persönliches Engagement. Dessen müssen sie sich bewusst
sein, so dass Einsätze in Kriegsgebieten nur auf streng freiwilliger Basis
stattfinden dürfen.
Aufgrund der Risiken muss jeder das Recht haben, eine Entsendung ohne
Angabe von Gründen abzulehnen, ohne dass ihm oder ihr dies negativ
angerechnet wird. Ein Einsatz muss auf Wunsch des Journalisten wie des
Mediums abgebrochen werden können. Auf die Reporter darf keinerlei Druck
ausgeübt werden, damit sie zusätzliche Risiken auf sich nehmen.

3. Grundsatz: Erfahrung

Die Berichterstattung über bewaffnete Konflikte verlangt besondere
Erfahrungen und Fähigkeiten. Deshalb sollten die Redaktionen dafür nur
solche Personen auswählen, die erfahren und mit Krisen- und
Kriegssituationen vertraut sind. Wer zum ersten Mal in ein gefährliches
Gebiet fährt, sollte dies in Begleitung eines erfahreneren Kollegen tun.
Vor Ort gilt: Teamarbeit ist zu favorisieren. Die Redaktionen sollten sich
nach der Rückkehr der Journalisten systematisch über ihre Erfahrungen
informieren lassen, um daraus zu lernen.

4. Grundsatz: Vorbereitung

Eine regelmäßige Vorbereitung auf das Verhalten in Gefahrensituationen
hilft, die Risiken zu mindern. Die Redaktionen müssen ihre Reporter - ob
Angestellte oder Freelancer - über entsprechende Kurse qualifizierter
nationaler und internationaler Veranstalter informieren und ihnen die
Teilnahme daran ermöglichen. Alle Journalisten, die in gefährlichen
Gebieten arbeiten, sollten einen Erste-Hilfe-Lehrgang absolviert haben.
Auch Journalistenschulen müssen diese Problematik in ihrer Ausbildung
thematisieren.

5. Grundsatz: Ausrüstung

Die Redaktionen müssen ihre Reporter in Krisengebieten mit der
erforderlichen Sicherheitsausrüstung ausstatten, gegebenenfalls mit
kugelsicheren Westen, Helmen und, wenn möglich, mit gepanzerten Fahrzeugen,
außerdem mit den notwendigen Kommunikationsmitteln (z.B. Peilsendern) und
einem Erste-Hilfe-Kasten.

6. Grundsatz: Versicherung

Journalisten in Krisengebieten und ihre Begleiter sollten für den Fall von
Krankheit, Rückführung in die Heimat, Erwerbsunfähigkeit und Tod
abgesichert sein. Ihre Medien müssen dies sicherstellen, bevor sie jemanden
in ein Krisengebiet schicken oder dort engagieren. Dabei sollten alle
geltenden berufsspezifischen Konventionen und Verträge strengstens
eingehalten werden.

7. Grundsatz: Psychologische Betreuung

Journalisten und ihre Begleiter sollten, sofern sie dies wünschen, nach
ihrer Rückkehr aus einem Krisengebiet oder nach der Berichterstattung über
traumatisierende Ereignisse psychologisch betreut werden.

8. Grundsatz: Juristischer Schutz

Journalisten in Krisengebieten gelten nach Artikel 79 des Ersten
Zusatzprotokolls der Genfer Konvention als Zivilisten, sofern sie sich
nicht in einer Weise verhalten, die zur Aberkennung dieses Status führt,
wie etwa: direkte Unterstützung von Kriegshandlungen, Tragen von Waffen
oder Spionage. Jeder vorsätzliche Angriff auf einen Journalisten, der
dessen Tod oder schwere Verletzungen zur Folge hat, ist ein Verstoß gegen
das Erste Zusatzprotokoll und gilt als Kriegsverbrechen.

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