28.09.2005

Der vierte Todestag von Martin O'Hagan

Heute vor vier Jahren wurde der nordirische Journalist Martin O’Hagan ermordet. Die Täter sind noch immer nicht gefasst. Reporter ohne Grenzen ruft die britischen Behörden auf, weiter in diesem ungelösten Fall zu ermitteln. „Wir dürfen nicht vergessen, dass er wegen seiner Arbeit starb“, so die Menschenrechtsorganisation. "Dieser ungestrafe Mord verdeutlicht die Gefahr, der Journalisten in Nordirland ausgesetzt - gerade wenn sie zu sensiblen Themen recherchieren."

Der Reporter der Sunday World wurde am Abend des 28. September 2001 in Lurgan, County Armagh, erschossen. Nach einem Pub-Besuch war der 51jährige zusammen mit seiner Ehefrau auf dem Weg nach Hause, als sich ein silberner Wagen mit vier Personen näherte, die das Feuer eröffneten. Der Familienvater wurde von mehreren Kugeln getroffen und verstarb wenige Minuten darauf. Er hinterließ zwei Kinder.

Zu der Tat bekannten sich die „Red Hand Defenders“, ein Tarnname der radikalen loyalistischen LVF (Loyalist Volunteer Force). Martin O'Hagan arbeitete seit zwölf Jahren bei der katholischen Wochenzeitung Sunday World und berichtete auch über die illegalen Aktivitäten der LVF, ihre Drogen- und Prostituiertengeschäfte in Lurgan und Belfast.

Nach vier Jahren sind die Mörder von Martin O’Hagan immer noch nicht gefasst, obwohl die Namen der mutmaßlichen Täter bekannt sind. Die Mitglieder der paramilitärischen loyalistischen Untergrundorganisation hatten O’Hagan kurz vor dem Anschlag gedroht, lebten in unmittelbarer Nähe ihres Opfers, und sind der Polizei eindeutig bekannt. Doch die Ermittlungen stocken, „aus Mangel an Beweisen“, wie die verantwortliche Ermittlerbehörde, die Police Service of Northern Ireland verlauten lässt. Aus journalistischen Insiderkreisen heißt es, dass die loyalistische Untergrundorganisation mit Agenten der nordirischen Polizei zusammengearbeitet habe und einer der Täter ein Polizeiagent gewesen sei. Über die Beteiligung von diesen Agenten an kriminellen Vorgängen hatte O’Hagan immer wieder berichtet und auch zum Zeitpunkt seiner Ermordung recherchiert.

Es war nicht das erste Mal, dass Agenten in paramilitärische Organisationen eingeschleust wurden. Seit der Veröffentlichung des so genannten Stevens-Report im Jahr 2003 gab der gleichnamige Ermittler der Untersuchungskommission, Sir John Stevens, dies öffentlich zu. Es sei notwendig, um angeblich Anschläge zu verhindern. Doch genau das Gegenteil war der Fall.

Der Mord an O'Hagan sei einer der dunkelsten in der 36-jährigen Geschichte des Nordirland-Konflikts. Ein unerträglicher Zustand, der weiterhin die Pressefreiheit in Nordirland bedroht, bekräftigen Journalistenkollegen. Auch der irische und nordirische Journalistenverband (National Union of Journalists) protestierte bereits mehrmals seit dem tödlichen Anschlag gegen den Stillstand der Ermittlungen. Sie werden heute für Martin O'Hagan eine Gedenkveranstaltung halten.


Petra Tabeling

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