Iran 17.01.2011

Deutsche Reporter seit 100 Tagen in Haft / 40 Journalisten und Blogger in iranischen Gefängnissen

Am 100. Tag der Gefangenschaft der beiden Journalisten der Bild am Sonntag in Täbris im Nordwesten des Iran lenkt Reporter ohne Grenzen (ROG) den Blick auf die schweren Menschenrechtsverletzungen gegen Medienschaffende in der Islamischen Republik. Die am 10. Oktober 2010 in Täbris festgenommenen deutschen Reporter, Marcus Hellwig und Jens Koch, gehören zu den derzeit mindestens 33 Journalisten in iranischen Gefängnissen.

In keinem anderen Land der Welt ist die Zahl der inhaftierten Reporter so hoch. Zudem werden weiterhin sieben Online-Aktivisten festgehalten. Mehr als 30 der inhaftierten Medienschaffenden wurden bereits zu mehrjährigen Gefängnisstrafen verurteilt.

Nach mehr als drei Monaten Haft gibt es keine konkreten Anzeichen für eine bevorstehende Freilassung der beiden deutschen Reporter. Ankündigungen eines zügigen Abschlusses der Ermittlungen gegen den Zeitungsredakteur und den Fotografen haben bisher keine Folgen nach sich gezogen. "Die iranische Regierung muss endlich transparent machen, auf welchem Stand die Ermittlungen sind und ob über Visa-Verstöße hinausgehende Anschuldigungen erhoben wurden", fordert ROG-Geschäftsführer Christian Rickerts. "Die beiden Journalisten dürfen nicht als politische Geiseln missbraucht werden".

Auch gegenüber einheimischen Medienschaffenden behalten die iranischen Behörden ihren repressiven Kurs bei. Mehr als anderthalb Jahre nach dem umstrittenen Wahlsieg Mahmud Ahmadinedschads im Jahr 2009 bleibt das Ausmaß der Unterdrückung kritischer Stimmen und der Überwachung dramatisch.

Auch Anwälte von inhaftierten politischen Häftlingen sind mittlerweile systematischer Verfolgung ausgesetzt. Zuletzt wurde die bekannte Menschenrechtsanwältin Nasrin Sotude zu elf Jahren Haft sowie anschließendem 20-jährigem Berufs- und Ausreiseverbot verurteilt, wie am 10. Januar bekannt wurde.

Weit mehr als 200 Medienschaffende sind inzwischen aus der Islamischen Republik geflüchtet. Nach wie vor sitzen jedoch mehr als 30 iranische Blogger und Journalisten nach ihrer Flucht in Nachbarländern wie vor allem der Türkei und dem Irak fest - ohne dort vor Verfolgung sicher zu sein. Bis Ende 2010 sind 29 Iraner in Deutschland angekommen. Darunter sind neun Medienschaffende, die von ROG unterstützt und beraten werden.

ROG appelliert zur Zeit außerdem gemeinsam mit deutschen und internationalen Verlegerverbänden sowie Journalistenvereinigungen mit einer großen Anzeigenkampagne an die iranische Regierung, Hellwig und Koch freizulassen.

Ein Downloadmöglichkeit der Anzeigen finden Sie hier.

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