Iran 30.10.2008

Die iranische Regierung setzt Cyber-Aktivistinnen weiter unter Druck

Reporter ohne Grenzen (ROG) fordert die iranischen Behörden auf, keine Internet-Aktivistinnen mehr zu verfolgen. Das Revolutionsgericht in Teheran untersagte am 29. Oktober der Online-Journalistin Sussan Tahmasebi, das Land zu verlassen. Am selben Tag sind zwei Cyber-Feministinnen von dem Gericht einberufen worden, um Auskunft über Artikel zu geben, die sie auf Frauenrechts-Seiten im Internet veröffentlicht hatten.


„Die Verbissenheit, mit der die Behörden diese Frauen verfolgen, zeigt wie sehr die Regierung die Kritik der Aktivistinnen fürchtet“, sagt ROG. „Diese Cyber-Feministinnen haben lediglich von ihrem Recht auf Meinungsfreiheit Gebrauch gemacht, um auf die kritische Situation von Frauen im Iran aufmerksam zu machen. Dem Einsatz der Frauen ist es zu verdanken, dass ein Gesetzesentwurf, der polygame Eheschließungen vereinfachen sollte, angefochten wurde. Das zeigt, wie wichtig die Arbeit der Frauen ist“, erklärt ROG.


Die beiden vor Gericht zitierten Cyber-Feministinnen heißen Nahid Keshavarz und Mahboubeh Hosseinzahdeh. Beide schreiben für die Informationsportale Zanestan („Stadt der Frauen“ – http://herlandmag.net/) und Tagir Bary Barbary („Veränderung für Gleichheit“ – http://we-change.org/). Am Tag der Einberufung der beiden Frauen vertagte das Revolutionsgericht deren Verhandlungstermin auf den 27. Januar 2009.


Die Online-Journalistin Sussan Tahmasebi ist verantwortlich für die englischsprachige Fassung  der Seite Tagir Bary Barbary und unterstützt die 2005 ins Netz gestellte Petition „Eine Million Unterschriften für die Änderung frauendiskriminierender Gesetze“.


Tahmasebi steht zur Zeit unter Polizeiaufsicht. Sie begab sich am 29. Oktober zu einem Verhör über ihre Aktivitäten zum Teheraner Revolutionsgericht. Am 26. Oktober hatten Sicherheitsbeamte am Flughafen „Imam Khomeini“ im Süden von Teheran bereits den Pass der Journalistin konfisziert. Die Beamten befragten Tahmasebi und beschlagnahmten CDs, Bücher, Manuskripte und Texte mit Appellen für Frieden im Iran aus deren Besitz. Der Computer der Journalistin wurde ebenfalls untersucht.


„Das ist das vierte Mal, dass man mich, immer unter verschiedenen Vorwänden, daran hindert, das Land zu verlassen. Trotz wiederholter Nachfragen wollte mir niemand sagen, warum ich vor das Revolutionsgericht einberufen wurde“, sagte Tahmasebi später in einem Interview mit Tagir Bary Barbary. „Der Druck, der auf uns ausgeübt wird, soll uns zum Schweigen bringen. Aber wir machen weiter, wir werden nicht aufhören, Gleichheit zu fordern. Frauen haben eine wichtige Rolle in der iranischen Gesellschaft und die Behörden werden gezwungen sein, uns anzuhören“, erklärte die Journalistin beim Verlassen des Gerichts am 29. Oktober. Einige Monate zuvor, am 2. Mai, hatte die Polizei bereits ihre Wohnung durchsucht.


Auf der aktuellen Rangliste der Pressefreiheit 2008 von Reporter ohne Grenzen besetzt der Iran den 166. Rang. Das Land gehört damit zu den „schwarzen Zonen“ auf der Weltkarte der Pressefreiheit. Journalisten und Internetaktivisten im Iran tragen hohe Risiken. Sie müssen viele Frustrationen sowie Schikanen durch Justiz und Polizei ertragen.  

 

Ansprechpartnerin:
Anja Viohl, Reporter ohne Grenzen
Tel.: 030/6158585, presse@reporter-ohne-grenzen.de

 

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