Irak 20.01.2006

Entführung von Jill Caroll: ROG besorgt über Ultimatum

Reporter ohne Grenzen ist sehr besorgt über das am Dienstag von der arabischen TV-Station Al Jazeera gesendete Video. Es zeigte die gekidnappte amerikanische Journalistin Jill Carroll in ihrer Gefangenschaft. Der Fernsehsender berichtete, dass ihre Entführer gedroht haben, sie zu töten, wenn nicht alle weiblichen Häftlinge im Irak innerhalb von 72 Stunden befreit werden. Das Ultimatum läuft heute abend aus.

"Wir appellieren an die Medien der ganzen Welt, speziell in den arabischen Ländern, ihre Stimme für die Unterstützung von Jill Carroll zu erheben", so die Menschenrechtsorganisation. "Die Medien sollten sich nicht darauf beschränken, die Nachrichten zu senden, sie sollten selbst zur Freilassung Carroll's aufrufen. Moslemische Organisationen in den Vereinigten Staaten müssen sich ebenso einschalten."

Reporter ohne Grenzen fügt hinzu: "Wir erinnern Caroll's Kidnapper, dass sie eine Journalistin ist, die nur ihren Job gemacht hat. Ihr Job ist es, die Bedingungen, unter welchen die Iraker leben, zu schildern. Sie ist nicht verantwortlich für die Entscheidungen der US-amerikanischen Regierung." Das 20-Sekunden-Video, das am Mittwoch von Al Jazeera ausgestrahlt wurde, zeigte Jill Carroll offenbar mit der Kamera sprechend, aber es hatte keinen Ton. Der Sender sagte, dass die Gruppe, die Caroll festhält und drohte sie innerhalb von 72 Stunden zu töten, sich "Rachebrigaden" nannte.

Carolls Familie und die Zeitungen für die sie arbeitet - Christian Science Monitor und Jordan Times - haben an die Entführer appelliert, Caroll freizulassen. Die US-Amerikanerin arbeitet für Medien in den USA, Italien und Jordanien. Sie wurde am 7. Januar um 10 Uhr im Westen von Bagdad entführt. Sie wollte den sunnitischen Politiker Adnan al Doulaimi treffen. Ihr Dolmetscher wurde am Ort der Entführung erschossen; der Fahrer entkam.

Trotz ihres Namens ist die aus Boston stammende Zeitung Christian Science Monitor keine religiöse Zeitung. Sie ist bekannt für ihre Qualität und Gründlichkeit sowohl in ihrer einheimischen als auch internationalen Berichterstattung.

Insgesamt 55 Journalisten und 22 Medien-AssistentInnen wurden im Irak seit Kriegsbeginn im März 2003 getötet. 56 der 77 Opfer waren Iraker (73 Prozent) und vier waren Amerikaner (5 Prozent). Jill Carroll ist die 35. für Medien Tätige, die seit Beginn des Krieges gekidnappt wurde. Fünf von ihnen (die vier IrakerInnen Raeda Wazzan, Houssam Hilal Sarsam, Ahmed Hussein Al Maliki, Ahmed Jabbar Hashim und der Italiener Enzo Baldoni) wurden von ihren Entführern getötet. Die anderen kamen frei. 23 der Entführungen haben sich im Raum Bagdad ereignet.

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