05.09.2002

Folgen des 11. September für die Pressefreiheit / Reporter ohne Grenzen kritisiert Anti-Terror-Gesetze in den USA und in Deutschland

 

Seit den Attentaten des 11. September haben zahlreiche Länder
Sicherheitsmassnahmen verabschiedet, die zu Verletzungen der Pressefreiheit
geführt haben oder noch führen könnten. Zusammen mit der Internationalen
Liga für Menschenrechte
und Human Rights Watch zählt
Reporter ohne Grenzen 15 Staaten auf, die die gravierendsten
Verletzungen der Menschen- und Bürgerrechte erlauben.

Auf Platz eins: Die USA
Reporter ohne Grenzen ist besonders besorgt Aber die Entwicklungen in den
USA. Freie Meinungsäußerungen werden eingeschränkt. Mit dem Satz "Wäre ich
ein Terrorist, würde ich dieses Flugzeug sprengen." machte sich ein
japanischer Tourist Luft, weil er das Warten am Flughafen von Seattle satt
hatte. Dafür riskiert er eine fünfjährige Haftstrafe und eine Geldstrafe
von 2.000 Dollar.

Anfang Oktober appellierte Condoleeza Rice, Nationalsicherheitsberaterin
des Präsidenten, an führende US-Medien, sich an ihre "Verantwortung" in
einer Krisensituation zu erinnern. Zur gleichen Zeit schloss Präsident Bush
bestimmte Abgeordnete vom Informationsfluss aus, mit dem Argument, die
Auskünfte könnten an die Presse gelangen und veröffentlicht werden.
Vor allem im Internet-Bereich sind Einschränkungen zu verzeichnen. So darf
das FBI bei sämtlichen großen Internet-Providern mittels dem
E-Mail-öberwachungssystem "Carnivore" alle Informationen, die zwischen
Usern zirkulieren, kontrollieren. Desweiteren darf das FBI jeden weltweit
verfolgen, der im Internet gegen amerikanische Gesetze verstößt.

Auf Platz fünf: Deutschland

Das "Anti-Terror-Paket" der Bundesregierung könnte zu starken
Einschränkungen der Arbeit von Journalisten führen. Die Maßnahmen zur
strengen Überwachung der Telekommunikation und des E-Mail-Verkehrs bedrohen
den Quellenschutz. Reporter ohne Grenzen befürchtet außerdem, dass die
Regelanfrage beim Verfassungsschutz für Angestellte von Rundfunkanstalten
zur Einschüchterung von Journalisten führen könnte.

Auch in Großbritannien (Platz 2), Kanada (Platz 3) und Frankreich (Platz 4)
sind Gesetze verabschiedet worden, die die Pressefreiheit einschränken. In
Großbritannien braucht die Polizei lediglich die Erlaubnis des
Innenministeriums, um bei Providern Nutzer-Daten abzufragen. Die Frist zur
Speicherung von diesen Daten wurde außerdem verlängert. Der Innenminister
will das Gesetz noch ausweiten und den privaten E-Mail-Verkehr und
Online-Geldverkehr überwachen.

In Kanada wurde der Quellenschutz für Journalisten ausgehöhlt.
Personen, die unter Verdacht stehen, Kontakte zu Terroristen zu
unterhalten, können vor Gericht zu einer Aussage gezwungen werden. Sollten
sie ihre Informationen nicht preisgeben, droht ihnen eine Haftstrafe bis zu
einem Jahr. Das "Gesetz zum Schutz der Informationen" sieht
lebenslängliche Haftstrafen für die Weitergabe von Informationen vor, die
mit Schutzmaßnahmen des Staates oder der regionalen Verwaltung zu tun
haben, ohne genau zu definieren, um welche Informationen es sich handelt.
Am 15. November verabschiedete Frankreich ein Gesetz, das, ähnlich
wie in Großbritannien, Internet-Provider verpflichtet, die Daten ihrer
Kunden ein Jahr lang aufzuheben. Richter dürfen die Entschlüsselung von
E-Mail-Nachrichten anordnen. Provider müssen den Behîrden auch ihre
Schlüssel zugänglich machen.

Im Bericht werden außerdem genannt: China, Italien, Indien, die Europäische
Union, Spanien, Pakistan, Jordanien, Russland, Indonesien und Zimbabwe.

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