Ägypten 27.01.2011

Gewalt gegen Journalisten dauert an / Stark eingeschränkte Internetverbindungen

 

Reporter ohne Grenzen (ROG) verurteilt die andauernde Gewalt gegen Journalisten und Internetzensur in Ägypten. Nach Einschätzung von ROG wurden in den vergangenen zwei Tagen mehr als ein Dutzend Journalisten festgenommen, die über die aktuellen Proteste gegen die Regierung unter Präsident Hosni Mubarak berichten wollten.

 

Es gab zudem weitere tätliche Übergriffe auf Medienmitarbeiter. Der Zugang zu den sozialen Netzwerkseiten Facebook und Twitter sowie die Mobilfunkkommunikation sind weiterhin eingeschränkt. Medienberichten zufolge hat die Regierung Internetverbindungen in Kairo und anderen Teilen des Landes mittlerweile sogar vollständig kappen lassen.

 

„Wir fordern die ägyptischen Behörden auf, alle festgenommenen Medienmitarbeiter umgehend freizulassen und alle Kommunikationsblockaden aufzuheben. Journalisten müssen ohne Angst vor Verhaftungen und Angriffen arbeiten können“, so ROG. Es sei notwendig für die ägyptische Bevölkerung und deren grundlegendes Recht, einen Zugang zu verlässlichen Informationen über die Ereignisse der vergangenen Tage zu erhalten.

 

Lesen Sie hier zwei ausführliche Pressemitteilungen (auf Englisch) zu den jüngsten Verhaftungen von Medienmitabeitern in Ägypten:

- vom 28.1.2011 morgens

vom 28.1.2011 nachmittags (mit Fokus auf ausländische Journalisten)

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Pressemitteilung vom 27.1.2011

 

 

ROG verurteilt Angriffe gegen Journalisten während Demonstrationen und verschärfte Internetzensur

 

 

Reporter ohne Grenzen (ROG) verurteilt die Festnahmen und körperlichen Angriffe gegen Journalisten am 25. und 26. Januar. Rund 15 Journalisten, die über die aktuellen Demonstrationen in verschiedenen ägyptischen Städten berichteten, wurden von Polizei- und Sicherheitskräften angegriffen oder zeitweilig festgenommen.

ROG kritisiert außerdem die verschärfte Zensur der Neuen Medien in den vergangenen zwei Tagen in dem nordostafrikanischen Land. „Die Behörden haben alles unternommen, um die Medien auf Distanz halten. Sie wollen die Verbreitung von Bildern von Demonstranten, die den Rücktritt des ägyptischen Präsidenten Hosni Mubarak fordern, verhindern“, so ROG.

Sieben Mitarbeiter der unabhängigen Tageszeitung El Masri El Jum wurden am 25. Januar während der Proteste in Kairo attackiert oder von Tränengasgranaten verletzt.
Am selben Tag wurde ein Team von Al-Dschasira zeitweilig im Kairoer Stadtviertel Schubra festgenommen. Der Kameramann des Satelliten-Dienstleisters Cairo News Company (CNC) wurde in der Nacht vom 25. auf den 26. Januar von mehreren Gummigeschossen getroffen. Sein Kollege, ein Tontechniker, wurde mit einem Knüppel geschlagen. Ein weiterer CNC-Kameramann wurde vor dem Hauptsitz des Medienunternehmens von Polizisten in Zivil angegriffen und kurzzeitig festgenommen.
Drei japanische Medienmitarbeiter der Fernsehstation Asahi und deren Fahrer wurden am 26. Januar vorübergehend festgenommen als sie versuchten, auf dem zentralen Tahrir-Platz Filmaufnahmen zu machen.

Am 25. Januar wurde der Zugang zum Mikroblogging-Dienst Twitter gesperrt. Zuvor hatten sich zahlreiche Nutzer unter Nennung des Hashtags „#jan25“ in ihren Tweets auf die Proteste bezogen. Die Seiten der Internetplattform Facebook sind seit dem 26. Januar zeitweilig und, je nach Internetprovider, in unterschiedlichem Ausmaß nicht mehr zugänglich. Viele ägyptische Dissidenten und Bürgerrechtsgruppen arbeiten seit Jahren mit Facebook, um Informationen zu verbreiten und Proteste zu organisieren.

Ägypten steht bereits seit mehreren Jahren auf der ROG-Liste der „Feinde des Internets“. Vor allem regelmäßige Festnahmen von und Schikanen und Drohungen gegen Blogger haben der Regierung unter Präsident Mubarak diesen Titel eingebracht.

Viele Nutzer haben in den vergangenen zwei Tagen in Botschaften über soziale Netzwerke ihren Ärger über die verstärkte Internetzensur veröffentlicht. Viele von ihnen umgehen inzwischen mit Hilfe von Proxy-Servern oder unter Anwendung spezieller Softwareprogramme die Blockaden der Seiten.

Die Behörden haben am frühen Nachmittag des 25. Januars teilweise auch die Mobilfunkkommunikation in Kairo blockiert: Betroffen waren Orte, an denen sich Demonstranten versammelt hatten. Die Telefonunternehmen Vodafone und Mobile Nile haben jegliche Verantwortung für die Störungen von sich gewiesen und die ägyptischen Behörden dafür verantwortlich gemacht.


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