28.05.2004

Gipfel in Mexiko: Staaten sollen sich für Pressefreiheit einsetzen -Kuba ist von 58 teilnehmenden Staaten Schlusslicht in Sachen Pressefreiheit

Berlin/Paris, 28. Mai 2004. Reporter ohne Grenzen fordert die derzeit im mexikanischen Guadalajara versammelten Staats- und Regierungschefs auf, die kubanische Delegation zur Wahrung der Pressefreiheit auf dem Inselstaat zu drängen. Die Organisation macht zudem auf die Situation in Kolumbien aufmerksam. Das Land ist der größte Friedhof für Journalisten auf dem amerikanischen Kontinent. In Haiti gibt es wieder Hoffnung für die Pressefreiheit.

In Sachen Pressefreiheit ist Kuba das Schlusslicht der 58 lateinamerikanischen, karibischen und europäischen Staaten, die heute und morgen in Guadalajara über die Reformen der Vereinten Nationen sowie über Handelsbeziehungen beraten. 29 Journalisten sind derzeit in Kuba inhaftiert – damit ist das Land das weltweit größte Gefängnis für Journalisten. In der aktuellen Rangliste von Reporter ohne Grenzen (RoG) zur Pressefreiheit weltweit liegt Kuba auf Rang 165 – schlimmer steht es um die Pressefreiheit nur noch in Nordkorea. Die in Mexiko versammelten Staats- und Regierungschefs sollen die kubanische Delegation zur Freilassung der inhaftierten Journalisten bewegen.

Dass Pressefreiheit nicht nur mit der wirtschaftlichen Entwicklung eines Landes zu tun hat, zeigen Trinidad/Tobago, Jamaika und Uruguay: Diese auf dem Gipfel vertretenen Staaten rangieren auf den Plätzen 6, 23 und 25 der RoG-Rangliste und damit vor Spanien (43) und Italien (53). (Die vollständige Rangliste finden Sie hier:
www.reporter-ohne-grenzen.de/cont_dateien/indpres.php)

Kuba, Kolumbien, Haiti: das größte Gefängnis, der größte Friedhof - und eine große Hoffnung für Journalisten

Auf Kuba ist die Verbreitung unzensierter Informationen verboten. Im März 2003 wurden 75 Dissidenten verhaftet – unter ihnen 27 Journalisten. Ihre Weigerung, Informationen staatlich kontrollieren zu lassen, galt als „Akt gegen die Unabhängigkeit des Staates“. Sie sind zu Gefängnisstrafen zwischen 14 und 27 Jahren verurteilt worden. So ist Kuba – angesichts der bereits zuvor inhaftierten Kollegen – zum weltweit größten Gefängnis für Journalisten geworden. Daher gilt Staatschef Fidel Castro, an der Macht seit 45 Jahren, für Reporter ohne Grenzen als einer der 37 schlimmsten Feinde der Pressefreiheit. (Zur kompletten Liste der Feinde:
www.reporter-ohne-grenzen.de/cont_dateien/list_feind.php)

In Kolumbien machen Paramilitärs und Guerillas eine freie Berichterstattung so gut wie unmöglich. Sechs Journalisten sind dort seit Anfang 2003 ermordet worden. Das Land ist somit der größte Friedhof für diese Profession auf dem amerikanischen Kontinent – eine traurige Bilanz, zurückzuführen darauf, dass die Mörder keine strafrechtliche Verfolgung zu befürchten haben. Auch die Regierung wird zu einer Gefahr für die Pressefreiheit: Das Anti-Terror-Gesetz steht im Konflikt mit dem Schutz journalistischer Quellen. Kolumbien rangiert derzeit auf Platz 147 der aktuellen RoG-Rangliste.

In Haiti hingegen hat mit dem Sturz von Jean-Bertrand Aristide ein neues Kapitel für die Medien begonnen. Denn zuvor wurde jeder, der es wagte Aristide zu kritisieren, von seinen Anhängern bedroht, überfallen und angegriffen. Für die Familien der in den Jahren 2000 und 2001 ermordeten Journalisten Jean Dominique und Brignol Lindor bedeutet der Machtwechsel Hoffnung, dass die Morde aufgeklärt und die Täter bestraft werden. Der Tod des spanischen Journalisten Ricardo Ortega am 7. März dieses Jahres aber zeigt, dass die Gefahr nicht völlig gebannt ist.
Auch Aristide war auf der RoG-Liste der größten Feinde der Pressefreiheit; das Land ist auf Platz 100.

Was Reporter ohne Grenzen fordert

Reporter ohne Grenzen fordert die auf dem Gipfel in Guadalajara versammelten Länder auf,
- die kubanische Delegation zur Freilassung der inhaftierten Journalisten zu bewegen
- sich bei der kolumbianischen Regierung für ein Ende der Straflosigkeit von Morden an Journalisten einzusetzen, so dass das Recht der Bevölkerung auf Information gewährleistet werden kann
- die Regierung Haitis den Mord an Jean Dominique and Brignol Lindor aufklären zu lassen – nicht zuletzt um das Land wieder zu einem Rechtsstaat zu machen.

Weiterhin fordert Reporter ohne Grenzen die 58 in Guadalajara vertretenen Länder die bewaffneten Gruppen in Kolumbien zu verurteilen für ihre übergriffe auf Journalisten und ihre Verstöße gegen die Pressefreiheit.

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