Corona-Ticker: Slowenien 02.04.2020

Hasskampagne nach Anfrage zu Corona

© picture alliance/PIXSELL

Seit er von den Behörden seines Landes offiziell Auskunft über ihre Vorbereitungen auf die Covid-19-Pandemie verlangte, wird der slowenische Investigativjournalist und Korrespondent von Reporter ohne Grenzen (RSF), Blaž Zgaga, in Medien und sozialen Netzwerken mit einer Verleumdungs- und Hasskampagne überzogen. Eine Antwort auf seine Anfrage nach dem Informationsfreiheitsgesetz erhielt Zgaga nicht. Stattdessen teilte das neu gegründete slowenische Krisenzentrum eine verleumderische Twitter-Kurznachricht, in der Zgaga als einer von vier aus der Quarantäne geflohenen Patienten mit einem „Covid-Marx/Lenin-Virus“ bezeichnet wurde – eine Anspielung auf die Kritik des Journalisten an der rechtsgerichteten Regierungspartei SDS.

Zusätzlich begann die SDS-eigene Mediengruppe Nova24TV eine Verleumdungskampagne und veröffentlichte einen Artikel, in dem Zgaga als „(Pseudo-) Journalist des tiefen Staates (…) mit Angst um seine Privilegien“ verunglimpft wurde. Das ebenfalls SDS-eigene Magazin Demokracija schloss sich an und druckte den Artikel nach. Anonyme Internetnutzerinnen und -nutzer verschärften die Tonlage mit Todesdrohungen und forderten, der Journalist müsse „im Wortsinne erschossen werden“. Zgaga fürchtet aufgrund dieser Drohungen um sein Leben.

Blaž Zgaga hat für wichtige slowenische Tageszeitungen gearbeitet, hat ARtikel in internationalen Zeitungen wie The Guardian, The Observer, USA Today und The Globe veröffentlicht und ist Mitglied des International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ). Er ist einer der Beschwerdeführer bei der von RSF und weiteren zivilgesellschaftlichen Organisationen initiierten Verfassungsbeschwerde gegen das 2017 in Kraft getretene neue BND-Gesetz in Deutschland.

In einem offenen Brief an den slowenischen Innenminister Aleš Hojs haben RSF und sechs weitere internationale Nichtregierungsorganisationen die Regierung deshalb aufgefordert sicherzustellen, dass Journalistinnen und Journalisten ungehindert und unabhängig über die derzeitige Gesundheitskrise berichten können und Zugang zu den dazu benötigten Informationen erhalten. Weiter forderten die Organisationen die Regierung auf, alles in ihrer Macht Stehende für den Schutz Zgagas zu tun und dafür zu sorgen, dass die Polizei die Drohungen gegen den Journalisten sehr ernst nimmt.

Slowenien steht auf Platz 34 von 180 Ländern auf der Rangliste der Pressefreiheit.

Die Corona-Krise führt weltweit zu gravierenden Einschränkungen der Pressefreiheit. Um die vielen Entwicklungen zu dokumentieren, weist Reporter ohne Grenzen in einem „Corona-Ticker“ auf relevante Nachrichten hin, ohne diese in jedem Einzelfall ausführlich einzuordnen und zu bewerten.



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