14.06.2006

Interviewpartner zusammengeschlagen: ROG fordert Aufklärung

Reporter ohne Grenzen hat Chinas Außenminister Li Zhaoxing augefordert, sich in den Fall Fu Xiancai einzuschalten. Fu kritisierte in einem Interview mit der ARD das Verhalten der Regierung gegenüber tausenden Menschen, die wegen des „Drei-Schluchten“-Staudamms ihre Heimat verlassen mussten. Der Staudamm ist das weltweit größte Wasserkraft-Projekt, für das auch Fu selbst umsiedeln musste. Das Interview wurde am 19. Mai gesendet. Am 8. Juni wurde Fu von der örtlichen Polizei einbestellt und auf dem Weg von dort nach Hause zusammengeschlagen; er ist jetzt gelähmt.

„In China ist das Außenministerium für die Organisation und Regulation der Arbeit ausländischer Journalisten zuständig. Daher ist Minister Li Zhaoxing dafür verantwortlich, deren Sicherheit sowie die Sicherheit ihrer Interviewpartner zu gewährleisten“, so Reporter ohne Grenzen. „Die Täter müssen gefasst und bestraft werden.“

Reporter ohne Grenzen zufolge heuerten offensichtlich lokale Behörden die Täter an, um Fu für seine Offenheit zu bestrafen. Nach Berichten der Organisation Human Rights in China wurde er am 8. Juni von einem oder mehreren Angreifern niedergeschlagen, als er die Polizeistation in Zigui verließ. Dabei er einen Wirbelsäulenbruch im Nackenbereich. Fu wird derzeit im Krankenhaus Yichang medizinisch versorgt, zu seiner Familie darf er jedoch keinen Kontakt aufnehmen.

Der in Yangguidian, Provinz Hubei, lebende Fu ist ein bekannter Kritiker der chinesischen Umsiedlungspolitik und bereits in den Jahren 2004 und 2005 mehrfach von Behörden bedroht und angegriffen worden.

„Zwei Jahre vor den Olympischen Spielen in Peking 2008 sind derartig brutale Vorgehensweisen gegen chinesische Bürger, die es wagen, mit ausländischen Journalisten zu sprechen, außerordentlich besorgniserregend“, so Reporter ohne Grenzen weiter. „Dies ist ein Fall unter vielen, der zeigt, dass Peking sein Versprechen gegenüber dem Internationalen Olympischen Komitee nicht hält. Die Regierung hatte zugesichert, ausländischen Journalisten volle Freiheit zu geben.“

Sowohl der Leiter des NDR, der für den Beitrag der ARD verantwortlich ist, als auch der deutsche Außenminister kritisierten den Angriff auf FU gegenüber den chinesischen Behörden. „Dies war zweifellos ein Racheakt wegen Fus Aussagen im deutschen Fernsehen,“ so Jobst Plog, Intendant des NDR.

Für besonders bedenklich hält Reporter ohne Grenzen die Tatsache, dass die zahlreichen Angriffe auf Journalisten und Aktivisten meist von Tätern verübt werden, die von lokalen Behörden oder Geschäftsmännern engagiert werden. Im Oktober 2005 wurde der Korruptionsgegner und Aktivist Lu Banglie in Taishi zusammengeschlagen, nachdem er sich mit dem Journalisten Benjamin Joffe-Walt von der britischen Tageszeitung The Guardian getroffen hatte.

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