Wahlen in der Mongolei 22.06.2020

Kandidaten müssen Pressefreiheit stärken

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Vor der Parlamentswahl in der Mongolei am Mittwoch (24.06.) fordert Reporter ohne Grenzen (RSF) die Kandidatinnen und Kandidaten sowie die politischen Parteien in einem Brief auf, die Pressefreiheit durch Reformen zu stärken. In der Mongolei hat sich - gemessen an der geringen Bevölkerungszahl - auf den ersten Blick zwar eine vielfältige Medienlandschaft entwickelt. Doch viele Medien stehen unter politischem und wirtschaftlichem Druck. Verleumdungsgesetze fördern die Selbstzensur und fehlender Rechtsschutz für anonyme Quellen schreckt Whistleblowerinnen und Whistleblower ab. In dem Brief betont RSF auch, dass die Reformen helfen können, die Korruption im Land wirksam zu bekämpfen, gegen die im vergangenen Jahr Zehntausende Menschen in der Hauptstadt Ulaanbaatar demonstriert haben.

„Medien können Korruptionsfälle und weitere Missstände von öffentlichem Interesse aufdecken. Doch um diese Kontrollfunktion auszuüben, müssen Redaktionen frei von jeglichem Druck arbeiten können und Medienschaffende und ihre Quellen vor juristischen Konsequenzen geschützt werden“, sagte RSF-Geschäftsführer Christian Mihr.

Vielfalt aber mangelnde Unabhängigkeit und problematische Gesetze

Obwohl die Mongolei zwischen den beiden Weltmächten Russland und China liegt, die die Pressefreiheit durch Zensur und Propaganda stark einschränken, hat sich in dem Land mit gerade einmal drei Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern eine florierende Medienlandschaft entwickelt. Rund 5.000 Journalistinnen und Journalisten arbeiten dort für mehr als 500 Medien. Dennoch hat sich die Mongolei seit der Einführung der Rangliste der Pressefreiheit im Jahr 2002 kaum verbessert und steht aktuell auf Platz 73 von 180 Staaten.

Reporter ohne Grenzen kritisiert insbesondere das missbräuchliche Verleumdungsgesetz, das die Selbstzensur fördert und auf Grundlage dessen Dutzende Journalistinnen und Journalisten zu hohen Geldstrafen verurteilt wurden. Im April 2017 protestierten die Fernsehsender landesweit für einen Tag mit schwarzen Bildschirmen dagegen. Sein Januar ist die Veröffentlichung „falscher Informationen“ eine Straftat, was die Selbstzensur weiter begünstigt. Das Fehlen eines rechtlichen Schutzes für vertrauliche Quellen schreckt zudem Whistleblowerinnen und Whistleblower ab, Informationen mit Medienschaffenden zu teilen.

Ein weiteres Problem ist die mangelnde Unabhängigkeit vieler Redaktionen. Im Dezember 2019 wurde zwar ein Gesetz verabschiedet, das alle Rundfunkmedien verpflichtet, ihre direkten Eigentümer offenzulegen. Doch das reicht nicht aus, um das systematische Problem der Interessenkonflikte zu lösen. Vor vier Jahren hatte RSF zusammen mit dem Presseinstitut der Mongolei im Rahmen des weltweiten Projekts Media Ownership Monitor die Medienbesitzstrukturen vor Ort untersucht. Die damaligen Ergebnisse zeigten, dass nur eines von zehn Medien in der Mongolei von sich aus transparent seine Eigentumsverhältnisse offenlegt und dass ein Großteil der Medien durch den Gründer oder Besitzer Verbindungen zur Politik hat.

Notwendige Medienreformen

Der Brief an die Kandidatinnen und Kandidaten sowie die politischen Parteien wurde in den Zeitungen Unuudur und UB Post auf Mongolisch und Englisch veröffentlicht. Darin fordert RSF dazu auf, die Besitzstrukturen der Medien transparenter zu machen und die Unabhängigkeit der Redaktion zu stärken; Journalistinnen und Journalisten sowie ihre Quellen vor jeder Form von Schikane (juristisch, physisch und online) zu schützen; die Ressourcen der öffentlich finanzierten Medien aufzustocken; ein transparentes Verfahren gegen Desinformation zu schaffen; und Medienkompetenz als integralen Bestandteil des Bildungssystems zu etablieren.



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