Türkei 22.04.2016

Klare Worte zu Journalistenverfolgung nötig

© picture alliance / dpa

Reporter ohne Grenzen fordert Bundeskanzlerin Angela Merkel auf, bei ihrem morgigen Türkei-Besuch die desolate Lage der Pressefreiheit in dem Land deutlich anzusprechen. "Die Bundeskanzlerin muss gegenüber ihren politischen Gesprächspartnern und in der Öffentlichkeit klare Worte zur Verfolgung türkischer Journalisten finden", sagte ROG-Geschäftsführer Christian Mihr. "Dass die Türkei deutsche Korrespondenten an der Einreise hindert oder aus dem Land drängt, ist schlimm genug, aber nur die Spitze des Eisbergs."

Mihr führte aus: "Türkische Journalisten müssen sich zu Hunderten wegen kritischer oder investigativer Veröffentlichungen vor Gericht verantworten. Einige sitzen im Gefängnis, weiteren drohen lange Haftstrafen. Wer dazu schweigt, verrät europäische Grundwerte."

Am Freitag ging in Istanbul der Strafprozess gegen Chefredakteur Can Dündar und Hauptstadtbüroleiter Erdem Gül von der Tageszeitung Cumhuriyet in den dritten Verhandlungstag. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen Spionage, Verbreitung von Staatsgeheimnissen und Unterstützung einer terroristischen Organisation vor; beiden drohen lange Haftstrafen.

Cumhuriyet hatte Ende Mai 2015 Belege für eine Beteiligung des türkischen Geheimdienstes an Waffenlieferungen an Islamisten in Syrien veröffentlicht. Daraufhin drohte Präsident Erdogan im staatlichen Fernsehen, Chefredakteur Dündar werde einen hohen Preis für die Veröffentlichung bezahlen und nicht ungestraft davonkommen. Reporter ohne Grenzen wirbt unter anderem mit einer Online-Petition für die Einstellung des Verfahrens gegen Can Dündar und Erdem Gül.

In der neuen Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen hat sich die Türkei wegen der zunehmenden Repressalien gegen Journalisten und unabhängige Medien auf Platz 151 von 180 Staaten verschlechtert.



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