Venezuela 03.08.2009

Massenschließung von Sendern auf Anweisung der Regierung

Reporter ohne Grenzen (ROG) verurteilt die massive Schließung von privaten Sendern aus angeblich administrativen Gründen in Venezuela. Die Regierung kündigte am 1. August an, 34 Radio- und Fernsehsendern die Lizenz zu entziehen. 13 davon mussten den Sendebetrieb bereits am selben Tag einstellen.

"In jedem Rechtsstaat wäre ein Sender, der beschuldigt wird eine Frequenz in unregelmäßigen Abständen zu nutzen, vorher gewarnt worden, dass ein Verfahren gegen ihn eingeleitet wird. Die Betreiber hätten die Möglichkeit erhalten müssen, sich selbst zu verteidigen oder Einspruch gegen die Schließung einzulegen", kritisiert ROG.

ROG stellt in Frage, ob es überhaupt noch möglich ist, öffentlich Kritik gegen den venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez und dessen Regierung zu äußern: "Die massive Schließung vor allem oppositioneller Medien gefährdet die Zukunft demokratischer Debatten in Venezuela und macht die Absichten der Regierung deutlich, abweichende Meinungen zum Verstummen zu bringen."

Bei der Schließung der 34 Sender am 1. August kündigten die venezolanischen Behörden zudem an, weiteren 200 Sender drohe das gleiche Schicksal. Laut  Minister Diosdado Cabello, der die "Nationale Kommission für Telekommunikation" (Conatel) beaufsichtigt, sind die Gründe der Schließung technischer und administrativer Art. Die Betreiber der geschlossenen Sender wären nicht in der Lage gewesen, ihre Sendelizenzen vorzulegen.

Die Ankündigung über die Schließung löste eine massive Welle des Protestes aus. "Dies ist die größte Einschränkung der Meinungsfreiheit, die Venezuelas Demokratie je erlebt hat" , sagte Carlos Correa, Vorsitzender von Espacio Público, einer Bürgerrechtsbewegung welche sich für Redefreiheit einsetzt.

Kurz vor den Schließungen hatte Venezuelas Regierung angekündigt, die Medien im Land müssten "demokratisiert" werden. Generalstaatsanwältin Luisa Ortega Diaz legte der Nationalversammlung am 30.Juli einen Gesetzesentwurf vor, in dem strengere Strafen für "Mediendelikte" vorgesehen sind.

"Der venezolanische Staat muss die Redefreiheit regulieren", sagte Ortega. "Ich verlange, dass dieses Recht beschränkt wird." Der Entwurf sieht Gefängnisstrafen  für Verstöße gegen das "Gesetz über die soziale Verantwortung von Radio und Fernsehen" von 2004 vor. Bisher wurden solche Fälle mit Geldstrafen und Lizenzentzug geahndet.

Dem neuen Gesetz zufolge soll die Verbreitung "falscher", "manipulierter" oder "verzerrter" Meldungen als Mediendelikt geahndet werden. Auch das Senden von Meldungen, die den "Interessen des Staates schaden" oder die "öffentliche Moral" und die "mentale Gesundheit" beeinträchtigen wird verboten. In diesen Fällen würden bis zu vier Jahre Haft drohen.

Ferner wären nach dem neuen Gesetz die "Weigerung Informationen zu veröffentlichen" sowie die "absichtliche Auslassung einer Information" verboten. ROG kritisiert, dass damit das Prinzip des Quellenschutzes gefährdet wird. Diese Vergehen würden mit Gefängnisstrafen von sechs Monaten bis zu vier Jahren bestraft werden.

 

 

Eine Auflistung der verbotenen Medien finden Sie hier:

 

Weitere Informationen:
Anja Viohl
Tel.: 030 615 85 85

 

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