Uganda 20.05.2011

Massive Übergriffe gegen Journalisten / Präsident bezeichnet Medien als „Feinde“

Ein deutscher Fotograf wird in Kampala von einem Polizisten mit einen Tränengasgeschossgewehrlauf bedroht.© BBC

Reporter ohne Grenzen (ROG) beobachtet mit großer Sorge eine drastische Verschlechterung der Lage der Presse- und Meinungsfreiheit in Uganda. Mehr als 20 einheimische und ausländische Journalisten wurden in den vergangenen sechs Wochen im Zuge ihrer Berichterstattung über oppositionelle Proteste und Demonstrationen von Sicherheitskräften körperlich angegriffen. Viele wurden geschlagen, einige mit Waffen bedroht oder festgenommen.

ROG kritisiert außerdem massive verbale Angriffe gegen Medien durch Regierungsvertreter. Wie in dieser Woche bekanntgeworden war, bezeichnete Präsident Yoweri Museveni einheimische wie auch internationale Medien als „Feinde“. ROG ist schockiert über die regelrechte Hetze gegen Journalisten in Uganda, die über regierungskritische Themen und Bewegungen berichten.

Einen traurigen Höhepunkt fanden die Gewalt und Drohungen gegen Medienvertreter am 12. Mai. Mindestens zehn ugandische und ausländische Journalisten, die über die Rückkehr des Oppositionsführers Kizza Besigye von Uganda nach Kenia berichten wollten, wurden von Soldaten und Polizisten tätlich angegriffen.

Die Sicherheitskräfte konfiszierten zudem die Ausrüstung mehrerer Fotografen und löschten Fotos auf Kameras. Mindestens drei Medienmitarbeiter wurden so schwer verletzt, dass sie in Krankenhäuser gebracht wurden. Auch schon in den Wochen zuvor waren Journalisten Übergriffen ausgesetzt. Im Visier standen Reporter, die über die so genannte „Walk to Work“-Protestbewegung gegen hohe Benzin- und Lebensmittelpreise berichtet hatten. Die Regierung versucht damit offenbar, alle Nachrichten über Proteste und deren gewaltsame Niederschlagung durch Armee und Polizei zu unterdrücken.

Der jüngste Übergriff gegen Journalisten ereignete sich nach Angaben des Human Rights Network for Journalists-Uganda (HRNJ-Uganda) am 18. Mai: Polizisten griffen vier Medienmitarbeiter an, die über die Vertreibung von Landbesetzern im Lubigi-Feuchtgebiet, einige Kilometer von der Hauptstadt Kampala entfernt, berichten wollten. Die Reporter wurden geschlagen, einem Fotojournalisten wurde die Kamera weggenommen.

Mehrere ugandische Journalisten sind in den vergangenen Monaten sogar untergetaucht, nachdem sie Todesdrohungen erhalten hatten. Besonders gefährdet sind Mitarbeiter ausländischer Medien. Eine in Uganda ansässige Journalistenorganisation berichtet von mindestens 30 Übergriffen – tätliche Angriffe und Drohungen – gegen Mitarbeiter internationaler Medien seit Ende April.

Die steigenden Repressionen gegen Journalisten gehen mit verbalen Attacken und Drohungen von Präsident Museveni und Behördenvertretern einher: Die Medien werden beschuldigt, Proteste und die Opposition zu unterstützen. Die Angriffe gipfelten in einer E-Mail, die Museveni am 17. Mai an verschiedene ugandische Medien versandte. Darin warf der Präsident internationalen Medien wie Al-Dschasira und BBC und lokalen Medien wie NTV und The Daily Monitor vor, die Anhänger der „Walk to Work“-Protestbewegung zu bejubeln. Damit seien die Medien „Feinde von Ugandas Aufschwung“ und müssten „als solche behandelt werden“, hieß es in der E-Mail. ROG verurteilt diese Form der Diskreditierung der Presse: Damit schüre das Regierungsoberhaupt Hass auf Medienvertreter, provoziere und legitimiere die Anwendung von Gewalt gegen sie.

Auf scharfe Kritik stoßen bei ROG zudem neue Gesetzespläne. Demnach erwägt die Regierung offenbar unter anderem, Strafen gegen Medien wegen „ökonomischer Sabotage“ zu verhängen. Auf dieser Grundlage könnten Medien strafverfolgt werden, die mit ihren Publikationen der Wirtschaft des Landes schaden. ROG befürchtet, dass ein solcher Paragraph als Vorwand für die Verfolgung von Journalisten dienen könnte, die über Proteste berichten. Die Behörden könnten argumentieren, dass die Medienberichte Touristen und Investoren abschrecken und damit das Investitionsklima beeinträchtigen. Diese Vorwürfe werden bereits gegen Anhänger der Opposition erhoben.

Angesichts der beunruhigenden Situation von Journalisten in Uganda ruft ROG die Regierung des Landes dazu auf, das Menschenrecht auf Presse- und Meinungsfreiheit, wie es in der Verfassung des Landes und in von Uganda ratifizierten internationalen Verträgen festgeschrieben ist, einzuhalten.

Im Einzelnen fordert ROG:
-    Eine Untersuchung der Übergriffe gegen Journalisten, die Verantwortlichen müssen zur Rechenschaft gezogen werden.
-    Die von Sicherheitskräften konfiszierte Ausrüstung muss den Medienmitarbeitern zurückgegeben werden, für beschädigte und verschwundene Gegenstände muss Schadensersatz geleistet werden.
-    Die Aufgabe von Gesetzesplänen wie die Einführung des Straftatbestandes „ökonomische Sabotage“.
-    Journalisten, die über Proteste im Land berichten, dürfen nicht länger von Regierungs- und Behördenvertretern verbal diffamiert werden.
-    Journalisten, die über Proteste berichten wollen, dürfen in ihrer Bewegungsfreiheit nicht eingeschränkt werden.

ROG appelliert zudem an die internationale Staatengemeinschaft, von der ugandischen Regierung eine Garantie der Sicherheit von Journalisten und die Achtung der Meinungsvielfalt einzufordern.


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