Rumänien 12.11.2014

Medien mangelt es an Unabhängigkeit

Medienmogul Dan Voiculescu. © Reuters

Reporter ohne Grenzen ist besorgt über die Lage der Pressefreiheit in Rumänien. Am Sonntag (16.11.) wird bei einer Stichwahl der nächste Präsident des EU-Landes bestimmt. ROG appelliert an den künftigen Amtsinhaber, dafür zu sorgen, dass Journalisten und Medien in Zukunft unabhängig berichten können.

„Die meisten rumänischen Medien unterstehen dem Einfluss von Politik und Wirtschaft. Kritische Berichterstattung ist sehr schwierig“, sagt ROG-Geschäftsführer Christian Mihr in Berlin: „Wir fordern, dass sich Rumänien als Mitglied der Europäischen Union endlich für mehr Meinungs- und Pressefreiheit einsetzt. Es ist eine Schande, wie sehr Journalisten gegängelt und zu einem Instrument einzelner Interessenvertreter missbraucht werden.“

Eines der größten Probleme für Meinungs- und Pressefreiheit ist die massive Beeinflussung der Medien durch ihre Besitzer, schreibt auch die rumänische Nichtregierungsorganisation ActiveWatch, eine Partnerorganisation von Reporter ohne Grenzen, in ihrem Bericht „Media Freedom in Romania“. In den vergangenen Jahren haben zahlreiche Unternehmer nicht nur eigene Parteien, sondern auch Medien gegründet. Mit diesen verbreiten sie gezielt ihre Meinungen und Interessen.

Dies ist besorgniserregend, denn auch Rumäniens öffentlicher Rundfunk ist nicht unabhängig, sondern wird von regierungsnahen Mitgliedern kontrolliert. Kurz nach der Parlamentswahl im Jahr 2012 wurde etwa der Aufsichtsrat des öffentlichen Fernsehsenders TVR ausgetauscht und mit Mitgliedern besetzt, die der Regierungspartei nahestanden. Es gibt somit so gut wie keine unabhängige und kritische Berichterstattung

Parteinahme der Medien im Wahlkampf

Antena 3, einer der wichtigsten Sender des Medienmoguls und ehemaligen Securitate-Spitzels Dan Voiculescu, unterstützt etwa im aktuellen Wahlkampf Präsidentschaftskandidat Victor Ponta, den amtierenden Ministerpräsidenten. Private und politische Gegner werden verunglimpft.  Voiculescu selbst sitzt seit August dieses Jahres wegen Geldwäsche und Korruption hinter Gittern. Kurz nach Bekanntgabe des Gerichtsurteils beschwerte sich die Organisation Unabhängiger Journalisten in Rumänien über die tendenziöse Art, mit der Voiculescus Intact Media Group über die Gerichtsverhandlung berichtet hatte. 

Abhängigkeit vom Werbemarkt

Kritischer Journalismus wird auch durch die finanzielle Abhängigkeit vieler Medienhäuser von privaten und staatlichen Anzeigen verhindert. Seit ein Großteil des Werbemarktes mit Beginn der Wirtschaftskrise 2008 weggebrochen ist, konkurrieren viele Häuser um die verbliebenen Anzeigen. Da Unternehmen und Institutionen jedoch nur bei solchen Zeitungen oder Sendern Werbung schalten, bei denen sie mit positiven Berichten rechnen können, zensieren viele sich selbst. Auch die Sorge vor drohendem Jobverlust aufgrund der prekären Lage vieler Medienhäuser führt zu eher positiver Berichterstattung,  denn viele Journalisten betrachten Kontakte zu Politikern und Wirtschaftsvertretern als Möglichkeit für einen Karrieresprung. Seit 2008 mussten bereits mehr als 60 Zeitungen schließen, eine Entwicklung, die auch zu einer dramatischen Abnahme der Medienvielfalt geführt hat.

Strukturelle Probleme

In mehreren Fällen mussten Journalisten in den zurückliegenden Jahren Verträge mit Medienhäusern unterzeichnen, die ihr Recht auf freie Meinungsäußerung einschränkten. Politiker und Unternehmer akzeptieren so gut wie keine Interviews, bei denen sie mit kritischen Fragen rechnen müssen. Reportern bleibt meist nur die Möglichkeit, sich im Rahmen offizieller Pressekonferenzen zu informieren und Fragen zu stellen. Insgesamt hat öffentliche Hetze von Politikern und von Journalisten über Kollegen aus einem anderen politischen Lager das Ansehen des Journalismus sinken lassen.

2006 wurden die Verleumdungs- und Beleidigungsparagrafen, mit denen auch Journalisten angeklagt werden konnten, aus dem Strafrecht gestrichen. Ende 2013 wurde öffentlich über eine Wiederaufnahme diskutiert. Letztlich kam es zwar nicht dazu, mit der hitzig geführten Diskussion demonstrierte die Politik jedoch auch ihre Macht gegenüber Journalisten. 

Auf der Rangliste der Pressefreiheit steht Rumänien auf Platz 45 von 180 Ländern. 



nach oben