Tadschikistan 25.06.2004

„Nicht ohne meine Zeitung“ – Rückkehr nach Tadschikistan aus dem Exil

Der Journalist Dododjon Atovulloev kehrt morgen nach elf Exil-Jahren in seine Heimat Tadschikistan zurück. 1993 floh er nach Russland, später nach Deutschland, weil sein Leben bedroht war: Seine unabhängige und regierungskritische Tageszeitung Tscharogi Rus (Tageslicht) war den Machthabern in Duschanbe zu unbequem geworden. Dauerhaft in Tadschikistan leben will Atovulloev aber nur, wenn seine Zeitung dort wieder erscheinen kann.

Zunächst wird der 49-Jährige nur für einige Tage nach Tadschikistan reisen. Gespräche mit Politikern, Journalisten und Druckereien sollen zeigen, ob er in seiner Heimat wieder willkommen und ein Erscheinen von Tscharogi Rus wieder möglich ist. Marcus Bensmann, freier Journalist und Mitglied von Reporter ohne Grenzen, begleitet Atovulloev und wird aus Tadschikistan berichten (zu lesen unter www.reporter-ohne-grenzen.de und www.spiegel.de/politik).

Mit Tscharogi Rus gründete Dododjon Atovulloev 1991 die erste unabhängige Zeitung in Tadschikistan. Sie wurde schnell zur populärsten Tageszeitung in dem zentralasiatischen Land. Während des fünfjährigen Bürgerkriegs (1992 - 1997) bot Tscharogi Rus vor allem den oppositionellen Kräften eine Plattform; Atovulloevs Name stand auf den Todeslisten der neuen Machthaber. Auch nach dem Friedensschluss 1997 konnte er seine Zeitung, die inzwischen in Moskau erschien, nicht wieder in Tadschikistan herausgeben.

Im Moskauer Exil stand Atovulloev ebenfalls im Visier der tadschikischen Machthaber: Zu deutlich mahnte er die Wahrung von Menschenrechten und Demokratie in Tadschikistan an, zu deutlich wies er hin auf die Verstrickung von Politikern in Korruption und Drogenhandel sowie ihre Unterstützung von bewaffneten islamischen Freischärlern in den Nachbarländern Kirgisien und Usbekistan. Die tadschikische Regierung klagte ihn wegen Volksverhetzung an, und er erfuhr, dass in Moskau Auftragskiller auf ihn angesetzt waren.

Auf Initiative von Reporter ohne Grenzen kam Atovulloev im Mai 2001 mit seiner Familie nach Deutschland. Als Gast der Hamburger Stiftung für politisch Verfolgte war er für ein Jahr in Sicherheit. Auf einer Reise nach Usbekistan legte Atovulloev einen Zwischenstopp in Moskau ein - und wurde verhaftet. Die tadschikische Regierung verlangte seine Auslieferung. Reporter ohne Grenzen und die Hamburger Stiftung erreichten damals durch eine schnelle und große Kampagne seine Freilassung. Sieben Tage später landete er wieder in Hamburg.

Als Tadschikistan 2002 seine Anklage gegen Atovulloev fallen ließ, ging er wieder nach Moskau. Von dort reist er am morgigen Samstag zurück in seine Heimat. Hält sich die Regierung an ihr Amnestie-Versprechen und wird Tschagori Rus erneut in Tadschikistan erscheinen können, will Atovulloev möglichst bald wieder dauerhaft dort leben.

Lesen Sie den Bericht von Marcus Bensmann aus Tadschikistan unter www.reporter-ohne-grenzen.de/cont_dateien/bensmann.php

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