Kolumbien 28.05.2010

ROG-Bericht: Medien im Visier der Geheimdienste / Bespitzelungen müssen untersucht werden

Anlässlich der Präsidentschaftswahl in Kolumbien am 30. Mai 2010 hat Reporter ohne Grenzen (ROG) einen Bericht über die Überwachung von Journalisten unter Präsident Alvaro Uribe veröffentlicht. Während der achtjährigen Amtszeit Uribes wurden zahlreiche Medienschaffende und Menschenrechtsaktivisten durch den Geheimdienst bespitzelt, unter Druck gesetzt und mittels staatlicher Propaganda verunglimpft. Ein zentrales Organ der Überwachung von 2002 bis 2009 war das nationale „Departamento Adminstrativo de Seguridad“ (DAS).

Die „Spitze des Eisbergs“ der staatlichen Verfolgung zeigte sich mit dem so genannten chuzadas-Skandal Anfang 2009: Eine Liste mit Namen von Personen, die der Geheimdienst abhörte, kam ans Licht: Darunter waren 16 Journalisten, die für rund ein Dutzend Medien arbeiten. Die Dunkelziffer der Fälle von Überwachungen wird vermutlich um ein Vielfaches höher sein. Darüber hinaus wurden Mitglieder der Opposition in öffentlichen Kampagnen vielfach als „Staatsfeinde“ dargestellt. Auch Präsident Uribe selbst schreckte nicht davor zurück, Journalisten öffentlich anzuklagen. Eine Reihe von Medienmitarbeitern erhielten infolgedessen Todesdrohungen und waren gezwungen, ins Exil zu gehen.

ROG plädiert für eine Aufarbeitung der staatlichen Verfolgung von Journalisten. Eine unabhängige Kommission muss das Ausmaß der Beschattung von Medienmitarbeitern untersuchen und einschlägiges Archivmaterial des DAS und anderer in die Überwachung eingebundenen Behörden auswerten.

Der  achtseitige Bericht entstand nach dem Besuch einer ROG-Delegation vom 10. bis 16. Mai in dem südamerikanischen Land. Die ROG-Vertreter sprachen mit Journalisten, Herausgebern, Menschenrechtsaktivisten, Wahlbeobachtern sowie mit dem derzeitigen Direktor des DAS, Felipe Muñoz.

Kolumbien steht auf Platz 126 von 175 der ROG-Rangliste der Pressefreiheit. Sowohl die paramilitärische kolumbianische Gruppe „Black Eagles“ als auch die Rebellen der „FARC“ zählen laut ROG zu den 40 größten „Feinden der Pressefreiheit“.

Lesen Sie hier den ausführlichen Bericht von ROG (englisch)

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