China 12.01.2010

ROG-Brief an Bundesaußenminister Guido Westerwelle: Pressefreiheit als Gesprächsthema bei Besuch in China angemahnt

© AP

Reporter ohne Grenzen (ROG) hat sich vor dem Antrittsbesuch des Bundesministers des Äußeren in der Volksrepublik China am 15. und 16. Januar mit einem Brief an Guido Westerwelle gewandt. Darin bittet ROG den Minister, bei seinem Gespräch mit Amtsträgern der chinesischen Regierung auch das Thema Presse- und Meinungsfreiheit auf die Agenda zu setzen.

ROG hat das Schreiben am 7. Januar 2010 an das Büro des Bundesaußenministers geschickt. Bei seinem Besuch in Peking wird Westerwelle mit dem chinesischen Außenminister Yang Jiechi und Premierminister Wen Jiabao zusammentreffen.

„Die anhaltende scharfe staatliche Medienzensur, die kontinuierliche Ausweitung der Internet-Überwachung sowie die massive Verfolgung von kritischen Journalisten und Internetnutzern sind alarmierend“, schreibt Christian Rickerts, ROG-Geschäftsführer, an Guido Westerwelle.

„Es gibt keine Anzeichen dafür, dass sich die staatliche Lenkung und strikte Kontrolle der Medien lockert.“ Dies zeigten unter anderem die zunehmenden Festnahmen von Bloggern und Internetnutzern – 69 von ihnen sind aktuell inhaftiert (am 7. Januar waren es noch 66)  – sowie die Verurteilung des Dissidenten und Verfechters der Presse- und Meinungsfreiheit Liu Xiaobo zu elf Jahren Haft am 25. Dezember 2009.

In seinem Schreiben an Guido Westerwelle verwies Christian Rickerts noch einmal auf die Äußerung des Bundesministers nach der Verkündung des Richterspruchs gegen Liu Xiaobo: Der Minister habe an diesem Tag daran erinnert, dass die Volksrepublik China den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte unterzeichnet habe, in dem auch das Recht auf Meinungsfreiheit garantiert wird. Rickerts bittet den Minister, Respekt vor diesen elementaren Menschenrechten auch bei chinesischen Gesprächspartnern direkt einzufordern und konkrete Schritte anzumahnen für die Gewährung von mehr Freiheiten für Journalisten sowie Blogger und Internetnutzer.

Mit Sorge beobachtet ROG ebenfalls die anhaltend schwierige Situation ausländischer Journalisten in der Volksrepublik: Entgegen Beteuerungen von Staatspräsident Hu Jintao ist der Druck auf ausländische Medien und Korrespondenten in den vergangenen Monaten vielmehr gestiegen.

„Journalisten werden bei der Erteilung von Visa hingehalten. Websites ausländischer Medien wie der BBC oder der Deutschen Welle werden immer wieder gesperrt. Hörfunk- und Fernsehprogramme ausländischer Sender in chinesischer Sprache sind landesweit nicht ungehindert zu empfangen“, kritisiert Christian Rickerts. 

Darüber hinaus legt ROG in dem Brief das Augenmerk auf die Verschärfung der Internetzensur: Soziale Netzwerkseiten wie Facebook, Youtube und Flickr sind meist nicht zugänglich. Insbesondere kritische Nutzer des Kurznachrichtendienstes Twitter müssen derzeit eine gezielte Verfolgung fürchten. Zudem sollen nach offiziellen Informationen die Bestimmungen für die Registrierung von Domain-Namen verschärft werden.

Schließlich bittet der ROG-Geschäftsführer den Außenminister, sich für die Freilassung der chinesischen Internetdissidenten Hu Jia und Yang Maodong sowie des Journalisten Sun Lin einzusetzen.

Bereits Amtsvorgänger Frank-Walter Steinmeier hatte ROG im vergangenen Jahr gebeten, sich bei dem chinesischen Ministerpräsidenten Wen Jiabao für die Entlassung der drei Inhaftierten stark zu machen.

Für eine Reihe von Journalisten, Bloggern und Dissidenten, die vor oder während der Olympischen Spiele in China festgenommen wurden, hat ROG vor wenigen Monaten eine Petition gestartet: Die Unterschriften sollen am 12. Februar, dem offiziellen Beginn der Olympischen Winterspiele 2010 in Kanada, an die chinesische Regierung übergeben werden.

Lesen Sie hier den ROG-Brief an den Bundesminister des Auswärtigen, Guido Westerwelle, vom 7. Januar 2010:

Lesen und unterschreiben Sie die Petition "Olympische Häftlinge in China" hier:


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