26.09.2007

ROG kritisiert Nachrichtenblockade / Hintergrund Medien Myanmar

Foto: AP/Democratic Voice of Burma

Reporter ohne Grenzen und die Burma Media Association kritisieren die massive Blockade der Berichterstattung über die Lage in Myanmar auf das Schärfste. Die meisten Mobilfunknetze im Land wurden am 26.9. abgeschaltet und das Internet ist nur noch sehr eingeschränkt verfügbar.

„Die Generäle haben sich nicht gescheut, mit Gewalt gegen friedliche Demonstranten vorzugehen“, so ROG. „Wissend um den Schutz durch China, versucht das Militär nun, das Land vom Rest der Welt abzuschneiden. Wir rufen die internationalen Medien auf, noch mehr zu berichten und zu versuchen, Journalisten in das Land zu bekommen, so dass sich das Drama nicht hinter verschlossenen Türen abspielt.“

Ohne Mobilfunk ist es für Journalisten und andere Beobachter wesentlich schwieriger, Informationen aus dem Land zu übermitteln. Auch das birmesische Festnetz ist aus dem Ausland kaum noch zu erreichen. Das Internet steht ebenfalls nur noch eingeschränkt zur Verfügung: Internet-Cafés in Rangun wurden geschlossen, und der staatlich kontrollierte Provider, Bagan Cyber, hat die Übertragungsgeschwindigkeit deutlich reduziert. Blogs und Webseiten sind gesperrt.

Mehrere Journalisten wurden heute verletzt, unter ihnen Than Lwin Zaung Htet von dem Magazin „The Voice“. Die birmesische Botschaft in Bangkok verweigerte Dutzenden ausländischen Journalistenein Visum.

Hintergrund: Die Lage der Pressefreiheit in Myanmar

Birmesische Journalisten, die für staatliche oder private Medien arbeiten werden seit 1962 von einem Zensurbüro strengstens überwacht. Nachrichten, Bilder und Fernsehprogramme werden zensiert. Es gibt keine privaten TV- oder Radiosender in Myanmar. Allerdings werden eine große Zahl von Zeitschriften neben den regierungsnahen Tageszeitungen herausgegeben. Das Land ist auf Rang 164 (von 168) der ROG-Rangliste zur Lage der Pressefreiheit weltweit.

In diesem Jahr wurde die Überwachung noch verschärft. Die Militärs haben Zivilisten geschult, um „Informanten“ für ausländische Medien zu identifizieren. Zwei neue Abhörzentren in Mandalay, im Zentrum von Myanmar, ermöglichen es der Regierung seit 2006 Telefonate umfangreich abzuhören.

Unabhängige Informationen erhält die Bevölkerung über die birmesischen Programme internationaler Sender wie BBC, Radio France International und Democratic Voice of Burma. Diese werden bislang nicht blockiert, Mitarbeiter jedoch schikaniert und bestraft. So erhielt der Filmemacher und Journalist Thura „Zar Ga Nar“ im Mai 2006 ein Arbeitsverbot, da er in einer Sendung des birmesischen Dienstes der BBC mitgewirkt hatte.

Die birmesische Internet-Politik ist noch repressiver als die, der vietnamesischen und chinesischen Nachbarn. Die Militärjunta setzt Filter ein, um das Lesen oppositioneller Webseiten zu verhindern. Internet-Cafés werden streng überwacht. Die Internetnutzer werden alle fünf Minuten durch Screenshots kontrolliert. Auch Telefonieren über das Internet und Chaträume wurden im Juni zur Zielscheibe von staatlicher Kontrolle, so wurde zum Beispiel Googles Gtalk blockiert. Man wollte profitable Ferngespräche für den Telekommunikationsmarkt erhalten und gleichzeitig Internet-Dissidenten die freie Kommunikation erschweren.

Seit dem Beginn der Demonstrationen haben es nur wenige ausländische Journalisten geschafft, mit Touristenvisa in Myanmar zu arbeiten. Die Militärjunta vergibt nur wenige Presse-Visa. Viele Journalisten und Menschenrechtsaktivisten stehen auf einer schwarzen Liste und werden daran gehindert, in das Land einzureisen. Im letzten Juli bekam kein einziger ausländischer Journalist ein Visum und auch birmesische Journalisten hatten nur begrenzt Zugang zu der ersten Tagung der Nationalversammlung.

Wegen scharfer Kritik aus den USA nahm in jüngster Zeit die antiamerikanische Propaganda gegen „Imperialisten“ und „Neo-Kolonialisten“ in den staatlichen Medien zu. Verbale Attacken gegen demokratische Bewegungen und die Friedensnobelpreisträgerin San Suu Ky sind ebenfalls an der Tagsordnung. Sie stammen meist aus der Feder von Agenten des „Büros für Strategische Studien“, der Propagandazentrale der Junta.

Es gibt derzeit rund 100 private Printmedien in Myanmar. Sie alle müssen jedoch vor dem Erscheinen dem Zensor vorgelegt werden. So werden auch hier neben den traditionellen Tabuthemen wie Demokratie, dem Schicksal von Aung San Suu Kyi oder wirtschaftlichen und sozialen Spannungen im Land, viele Ereignisse auf regionaler und auf nationaler Ebene regelmäßig verschwiegen.

So etwa 2006, als asiatische und UN-Diplomaten das Land besuchten, um vor der Junta für eine Öffnung des Landes zu plädieren. Auch über Demonstrationen von Regimegegnern in Thailand und den Philippinen wurde nie berichtet. Eine Ausgabe der Zeitschrift „Padauak Pwint Thit“ konnte im Dezember nicht erscheinen, da das Zensurbüro sieben der Artikel zurückgewiesen hatte. Auch in den Gefängnissen sorgt die Zensurbehörde dafür, dass jeglicher „subversiver“ Lesestoff entfernt wird. Im März berichtete die Frau des inhaftierten Journalisten und Schriftstellers, Than Win Hlaing, dass ihrem Ehemann das Lesen ganz untersagt wurde, da sich während des Lesens Notizen mache.

Birmesische Journalisten, die für ausländische Medien arbeiten, werden ständig überwacht. Im Mai 2007 wurden zwei Journalisten, die für das Bangkok Büro der Nippon News Network arbeiten, in der Nähe von Rangun inhaftiert. Am 18. September wurde Myat Thura, Korrespondent der Nachrichtenagentur Kyodo in der Hauptstadt verhaftet.

Im Juni 2006 wurden Aung Than, ein Mitglied der Nationalen Liga für Demokratie und Zeya Aung, ein Student an der Pegu Universität zu 19 Jahren Haft verurteilt, da sie Gedichte geschrieben und verteilt hatten. Die Gedichte hatten auf den Kampf der Nationalen Liga für Demokratie Bezug genommen.

WEITERE INFORMATIONEN:
Katrin Evers
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