Libyen 02.08.2011

ROG kritisiert NATO-Luftangriff auf libysches Staatsfernsehen

Reporter ohne Grenzen (ROG) verurteilt den NATO-Luftangriff auf die Zentrale des libyschen Staatsfernsehens Al-Dschamahirija und auf zwei seiner Übertragungsanalagen am 30. Juli 2011. Nach Informationen von Al-Dschamahirija wurden offenbar drei Journalisten des Senders bei dem Angriff getötet und 21 weitere verletzt.

ROG-Generalsekretär Jean-François Julliard erinnert die NATO daran, dass Nachrichtenmedien zivile Einrichtungen sind und nicht als Militärziele angesehen werden dürfen. „Militärangriffe auf zivile Einrichtungen stellen Kriegsverbrechen und ernsthafte Verletzungen der Genfer Konventionen dar“, so Julliard. ROG verlangt eine transparente Untersuchung der Umstände dieses Angriffs und die Suche nach den Verantwortlichen.

Die Erklärung der NATO, mit der Bombardierung habe man die „Nutzung des Satellitenfernsehens als Mittel zur Einschüchterung der libyschen Bevölkerung und zu Aufrufen zur Gewalt gegen Zivilisten“ verhindern wollen, weist Julliard als Rechtfertigung zurück.

Selbst wenn das Gaddafi-Regime Al-Dschamahirija eindeutig als Propagandainstrument genutzt habe, legitimiere das in keinster Weise diese Angriffe, sagt Julliard. Um Propaganda und Bedrohungen durch das Regime zu minimieren, müssten andere Maßnahmen wie die Unterstützung unabhängiger Medien ergriffen werden.

Gleichzeitig appellierte der ROG-Generalsekretär an die Behörden von Tripolis, internationale und lokale Journalisten nicht weiter an einer Berichterstattung über den Bürgerkrieg zu hindern und ihren Schutz zu gewährleisten.

Die Bombardierung des libyschen TV-Senders ist nicht der erste NATO-Angriff auf Nachrichtenmedien. Im Jahr 2003 hatte eine von den USA und Großbritannien geführte Militärkoalition das Bagdadbüro der zwei arabischen Fernsehstationen Al-Dschazeera und Abu Dhabi TV sowie die Zentrale der nationalen irakischen Fernsehstation angegriffen. Auch das „Palästinische Hotel“ wurde von der NATO beschossen. Es diente vielen ausländischen Journalisten in Bagdad als Hauptquartier und Medienzentrum. ROG hatte diese Angriffe ebenfalls verurteilt.

Im April 1999 führte die NATO einen Bombenangriff auf die öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt Serbiens Radio-Televizija Srbije in Belgrad durch. Ein Untersuchungsausschuss des Internationalen Strafgerichtshofs für das ehemalige Jugoslawien befand damals, dass die Propagandaaktivitäten des Senders keine ausreichende Rechtfertigung waren, ihn zu einem militärischen Ziel zu erklären.

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