Mexiko 09.10.2009

ROG-Untersuchungsbericht: Passive Behörden sind großes Hindernis für Pressefreiheit

In einem aktuellen Untersuchungsbericht analysiert Reporter ohne Grenzen (ROG) die Ursachen für die prekäre Situation der Medien in Mexiko. 55 Journalisten wurden seit dem Jahr 2000 getötet, acht weitere werden zurzeit vermisst. Die meisten Verbrechen bleiben unaufgeklärt. Auch die Einführung einer "Sonderstaatsanwaltschaft für Verbrechen gegen Journalisten" im Jahr 2006 durch die mexikanischen Bundesbehörden änderte bisher nichts an dieser Kultur der Straflosigkeit.

Eine ROG-Delegation reiste im Juli in das mittelamerikanische Land, um Einblicke in die Ermittlungen zu den Journalistenmorden zu erhalten und die Ursachen für fehlende Fortschritte bei der Identifizierung und Strafverfolgung der Täter zu erfassen. Die Ergebnisse sind niederschmetternd: Häufig sind Behörden und Amtsvertreter mitverantwortlich für schwere Verstöße gegen das Recht auf freie Berichterstattung und Information. Polizisten arbeiten mit kriminellen Gruppen zusammen, die die Beamten bedrohen oder bestechen. Aus diesem Grund verlaufen einige Ermittlungen im Sande, und die Suche nach den vermissten Journalisten wird häufig wegen "fehlender Spuren" eingestellt.

"Die Schwierigkeiten im Kampf gegen den Drogenhandel und das organisierte Verbrechen können erst gelöst werden, wenn die mexikanischen Behörden die zuständigen Polizeibeamten besser überprüfen und Maßnahmen zur Eindämmung von Korruption einleiten. Der politische Wille dazu war bisher mehr als ungenügend", heißt es in dem ROG-Bericht.

Die Passivität und Nachlässigkeit der Behörden sind laut dem Bericht eine weitere Ursache für die schwierige Lage der Medien in Mexiko. Bürokratische Hürden stehen der Aufklärung von Verbrechen gegen Journalisten im Wege: Die Kompetenzen lokaler und nationaler Behörden sind aufgrund fehlender gesetzlicher Zuordnungskriterien nicht genau definiert. Bei Fällen von verschwundenen Journalisten ist häufig nicht klar, welche Stelle zuständig ist. Die Ermittlungen werden deswegen zumeist gar nicht erst aufgenommen.

Während ihrer Untersuchungsmission vom 4. bis 12. Juli in Mexiko sprachen die ROG-Vertreter mit Journalisten, Menschenrechtsaktivisten sowie Angehörigen der Regierung, darunter der mexikanische Innenminister Fernando Francisco Gómez-Mont Urueta.

Hintergrund der eskalierenden Gewalt in Mexiko sind bürgerkriegsähnliche Auseinandersetzungen zwischen dem Militär und zahlreichen Drogenkartellen. Seit Ende 2006 starben 14.0000 Menschen in diesem Konflikt. Ein besonders dramatisches Ausmaß haben Drogenhandel und Gewalt in den südwestlichen Regionen Michoacán und Guerrero sowie in den Bundesstaaten im nördlichen Grenzgebiet zu den USA erreicht.

Die besondere geopolitische Lage des Landes verschärft das Problem der Gewalt: 80 Prozent der Waffen, die in Mexiko im Umlauf sind, stammen aus den USA. ROG ruft die Vereinigten Staaten deshalb dazu auf, den Waffenhandel zu kontrollieren, um so stärker zur Eindämmung der Gewalt in Mexiko beizutragen.

Lesen Sie hier den vollständigen 11-seitigen Untersuchungsbericht zur Lage der Medien in Mexiko (auf Englisch)

Weitere Informationen:
Anja Viohl
Tel.: 030 615 85 85


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