Pakistan 06.11.2007

ROG verurteilt Vorgehen gegen Presse / Neue Verordnungen werfen Medien um 20 Jahre zurück

Die Polizei in Karachi vertreibt Journalisten Foto: AP

Reporter ohne Grenzen (ROG) verurteilt das Vorgehen der pakistanischen Sicherheitskräfte gegen private Nachrichtenmedien auf das Schärfste. Dutzende Journalisten wurden festgenommen, angegriffen oder von der Arbeit abgehalten. Technische Geräte mehrerer Rundfunkanstalten sind beschlagnahmt, das pakistanische Mediengesetz ist modifiziert worden. Eine unabhängige Berichterstattung durch private Radio- und Fernsehsender, die sich erst in den letzten Jahren etablieren konnte, ist nun nahezu unmöglich. „Pervez Musharraf hat alle Fortschritte der vergangenen Jahre zerstört“, so das Urteil von ROG.


Folgende Änderungen des Mediengesetzes liegen Reporter ohne Grenzen vor:
· Medienbetriebe dürfen weder Videos, Fotos noch Statements von Selbstmordattentätern oder Terroristen veröffentlichen.
· Journalisten ist es untersagt, „nachteilige" Kommentare zu Ideologie, Sicherheit, Souveränität oder Integrität Pakistans zu verbreiten.
· Medien ist es verboten, zu „Gewalt, Hass oder zu Handlungen, die Recht und Ordnung gefährden", aufzurufen.
· Äußerungen, die den Präsidenten, die Streitkräfte oder die Staatsorgane lächerlich machen, sind zu unterlassen.
· Es ist verboten, über laufende Verfahren zu berichten.
· Berichte, die „jeder Grundlage entbehren oder von vornherein falsch sein könnten", dürfen nicht veröffentlicht werden.


Falls die neuen Vorschriften verletzt werden, können Zeitungen beschlagnahmt und Equipment des Rundfunks konfisziert werden. Medienbesitzern drohen bis zu drei Jahre Gefängnis und Geldbußen in Höhe von 10 Millionen Rupien (ca. 115.000 Euro).

Pakistanischen Radio- und Fernsehsendern ist es außerdem untersagt, Sendeverträge mit ausländischen Nachrichtenmedien ohne die Zustimmung der PEMRA (Pakistan Electronic Media Regulatory Authority) abzuschließen. Bei Verstoß droht dem Inhaber bis zu einem Jahr Haft.

„Wir unterstützen die Demonstrationen der Journalistenvereinigungen und fordern das Ende der Razzien und des Ausnahmezustandes. Die internationale Gemeinschaft darf den massiven Einschnitten in die pakistanische Pressefreiheit nicht gleichgültig gegenüber stehen“, so ROG.

Unter nationalem und internationalem Druck hatte die Regierung noch im Juni ihre Pläne zur Verschärfung der Mediengesetze aufgeben müssen. Nun wurden die repressiven Änderungen durchgesetzt.


Noch vor der Ausrufung des Ausnahmezustands gab es eine Razzia beim „Radio FM 103“ in Islamabad.
Am 3. November hielt das Militär den Büroleiter und den Kameramann des privaten Fernsehsenders „ARY Sattar Kakar“ in Quetta für mehrere Stunden fest. Am nächsten Tag wurden die Brüder des Büroleiters festgenommen und die Mitarbeiter des Medienbetriebes eingeschüchtert.
Gestern konnten Mitarbeiter und Management der „Jang media group“ in Süd-Karachi die Stillegung des Blattes „Awam“ verhindern, das in einer Beilage über den Ausnahmezustand berichtet hatte.
Ebenfalls gestern wurden fünf Fotografen und ein Kameramann verhaftet, als sie über eine Menschenrechts-Demonstration berichten wollten. Auch ein „BBC-Korrespondent wurde festgenommen, als er vor dem Haus eines pakistanischen Richters Fotos machen wollte. Die Polizei löschte seine Aufnahmen.

Weitere Informationen:
Katrin Evers
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
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