Iran 08.12.2009

ROG verurteilt Zensuroffensive zum Studententag in Teheran

Reporter ohne Grenzen (ROG) ist empört über die Unterdrückung oppositioneller Stimmen anlässlich des „Nationalen Studententags“ am 7. Dezember im Iran. Bereits mehrere Tage zuvor hatte das iranische Regime Internetzugänge beschränkt, Mobilfunknetze blockiert und Journalisten an ihrer Arbeit gehindert.

Am Studententag wird drei getöteten Studenten gedacht, die im Jahr 1953 an Protesten gegen den Schah teilgenommen hatten. Seitdem gilt der Jahrestag als Symbol für den Kampf um die Selbstbestimmung des Volkes.

„Es ist das erste Mal, dass Zensurmaßnahmen gegen alle Arten von Medien so früh, mehrere Tage im Voraus, angewendet wurden“, so ROG. „Die Regierung will die Opposition daran hindern, deren Anhänger über soziale Netzwerke im Internet oder über Mobiltelefon zu mobilisieren.“ Die offizielle Begründung, die öffentliche Ordnung aufrecht erhalten zu wollen, ist aus ROG-Sicht nur ein Vorwand. Er diene in erster Linie der Verschärfung von Zensurmaßnahmen. Dies verletze das Recht auf Information der Iranerinnen und Iraner und der internationalen Gemeinschaft.

Die Behörden hatten ausländischen Journalisten für drei Tage die Erlaubnis entzogen, außerhalb ihrer Büros zu recherchieren. Zudem erhielten reformistische Zeitungen Warnungen vom Kulturministerium. Ihnen wurde verboten, Äußerungen zu veröffentlichen, die zur Störung der öffentlichen Ordnung beitragen könnten.

Neben den traditionellen Medien wurden auch Internet- und Mobilfunkverbindungen erheblich eingeschränkt. Seit dem 5. Dezember waren Internetzugänge blockiert oder verlangsamt worden, vor allem in Teheran, Isfahan und Schiras. Verschiedene Quellen berichteten gegenüber ROG von Schwierigkeiten beim Internetsurfen und dem Versenden von E-Mails. Breitband-Geschwindigkeiten betrugen zeitweise weniger als 56Kb, der Geschwindigkeit von Wählleitungen. Außerdem erschienen die Startseiten der Internetportale Gmail und Yahoo nicht. Auch der Zugang zu Proxies war unzuverlässig, was die Umgehung von Zensurmaßnahmen im Internet erschwerte. So konnten Websites wie Twitter, Facebook oder Youtube kaum mehr erreicht werden.

Techniker gaben gegenüber Agence-France-Presse an, die Probleme seien auf „Entscheidungen der Behörden“ zurückzuführen, nicht auf einen Zusammenbruch der Dienste. Die wichtigsten Internetdienstleister im Iran nutzen die Netzwerke der staatlichen „Telecommunication Company of Iran“ (TCI) der Iranischen Revolutionsgarde. Trotz privater Anbieter wird der Sektor daher vom Staat dominiert, dessen Anweisungen sofort umgesetzt werden.

Seit den umstrittenen Präsidentschaftswahlen vom 12. Juni wird die Informationsfreiheit im Iran immer weiter eingeschränkt. Medienvertreter werden bedroht, verfolgt und eingesperrt. Mehr als 50 Journalisten und Blogger sind bereits aus dem Iran geflohen. Viele von ihnen mussten das Land überstürzt verlassen und suchen nun mittellos nach einem sicheren Zufluchtsort. ROG hilft ihnen dabei und hat eine Spenden-Kampagne gestartet.

Weitere Informationen dazu finden Sie hier.


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