Usbekistan / Kirgistan 24.08.2020

RSF-Stipendiat nach Usbekistan ausgeliefert

Bobomurod Abdullaev © RSF

Reporter ohne Grenzen (RSF) ist besorgt über die Auslieferung des RSF-Stipendiaten Bobomurod Abdullajew nach Usbekistan und fordert die dortigen Behörden auf, ihm die sichere Ausreise nach Deutschland zu ermöglichen. Der Journalist war am 9. August im zentralasiatischen Kirgistan festgenommen worden. Ungeachtet der Warnungen von RSF und anderen Menschenrechtsgruppen, dem Journalisten würden in Usbekistan Gefängnis und Folter drohen, lieferten die kirgisischen Behörden Abdullajew am 22. August an Usbekistan aus. Dort wird strafrechtlich gegen ihn ermittelt. Er darf das Land nicht verlassen und kann deshalb ein Stipendium von Reporter ohne Grenzen in Berlin nicht antreten.

„Wenn der usbekische Präsident Schawkat Mirsijojew sein Bekenntnis zu Reformen ernst meint, müssen alle Anschuldigungen gegen Bobomurod Abdullajew sofort fallen gelassen werden und die usbekischen Behörden müssen ihm die sichere Ausreise nach Deutschland ermöglichen“, sagte RSF-Geschäftsführer Christian Mihr. „Wir befürchten, dass unser Stipendiat erneut verhaftet werden könnte, sobald die internationale Aufmerksamkeit für den Fall nachlässt.“

Abdullajew war am 9. August in der kirgisischen Hauptstadt Bischkek auf Ersuchen des usbekischen Geheimdienstes verhaftet worden. Während er sich dort in Isolationshaft befand, erhielten seine Anwälte mit Verweis auf die Quarantäne-Regeln wegen der Corona-Pandemie keinen Zugang zu dem Journalisten. Reporter ohne Grenzen und andere internationale Menschenrechtsorganisationen hatten vor der Auslieferung Abdullajews nach Usbekistan gewarnt, wo ihm Gefängnis und Folter drohten.

Nichtsdestotrotz lieferten die kirgisischen Behörden Abdullajew unter Missachtung internationaler Konventionen am 22. August an Usbekistan aus. Dort kam er nach einer sechsstündigen Vorladung beim Geheimdienst am Abend unter Auflagen auf freien Fuß. Angaben seines Anwalts Sergej Majorow zufolge darf Abdullajew ohne Erlaubnis der Sicherheitsbehörden weder innerhalb des Landes reisen noch Usbekistan verlassen, bis die Ermittlungen gegen ihn abgeschlossen sind. Dies könne bis zu drei Monate dauern.  

Laut seiner kirgisischen Anwälte und Anwältinnen wird in Usbekistan strafrechtlich gegen Abdullajew ermittelt. Ihm würden „Angriffe auf den Präsidenten“ (Art. 158 des usbekischen Strafgesetzbuchs) und „Angriffe auf die verfassungsrechtliche Ordnung der Republik Usbekistan“ (Art. 159) zur Last gelegt. 

Möglicherweise hängen die Anschuldigungen mit einer Reihe kritischer Artikel über den usbekischen Präsidenten Schawkat Mirsijojew zusammen, die unter dem Pseudonym Qora Mergan (dt.: Schwarzer Schütze) in sozialen Netzwerken erschienen sind. Abdullajew bestritt allerdings am 25. Juli öffentlich, hinter den Artikeln zu stehen. Qora Mergan widersprach den Verdächtigungen ebenfalls und erklärte, in keinerlei Verbindung zu Abdullajew zu stehen. Auch die Tatsache, dass nach Abdullajews Festnahme in Bischkek weiter mit Qora Mergan unterzeichnete Artikel erschienen, widerspricht diesen Verdächtigungen. 

Abdullajew war wegen seiner journalistischen Arbeit bereits 2017/2018 siebeneinhalb Monate lang in Usbekistan in Haft und berichtete, im Gefängnis gefoltert worden zu sein. Von November 2019 bis Februar 2020 war er Auszeit-Stipendiat von Reporter ohne Grenzen und der taz Panter Stiftung in Berlin. Aufgrund der akuten Gefahr für den Journalisten hatte die deutsche Sektion von Reporter ohne Grenzen ihn im Sommer 2020 erneut als Stipendiat eingeladen. 

Auf der weltweiten Rangliste der Pressefreiheit steht Usbekistan auf Platz 146 von 180 Staaten. Kirgistan steht auf Rang 82.



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