Haiti 11.11.2022

RSF verurteilt Welle der Gewalt in Haiti

© picture alliance / EPA-EFE | JEAN MARC HERVE ABELARD

Reporter ohne Grenzen (RSF) fordert die haitianischen Behörden auf, umgehend sicherzustellen, dass Medienschaffende im Land ohne Angst vor Gewalt, Verhaftung oder gar Ermordung ihre Arbeit verrichten können. In Haiti wurden seit Anfang des Jahres sechs Journalisten getötet und viele weitere angegriffen.

„Die haitianischen Behörden müssen der Gewalt gegen Medienschaffende im Land endlich Einhalt gebieten“, sagte RSF-Geschäftsführer Christian Mihr. „Die Untätigkeit der Behörden führt dazu, dass Täter zurzeit straflos davonkommen und es immer neue Übergriffe gibt. Dieses Jahr wurden in Haiti schon sechs Journalisten getötet, so viele wie seit zwei Jahrzehnten nicht.“

Das jüngste Opfer war Romelson Vilcin, Reporter von Radio Génération 80. Vilcin wurde am 30. Oktober tödlich verletzt, als ihn eine von einem Polizisten abgefeuerte Tränengasgranate am Kopf traf. Gemeinsam mit anderen Medienschaffenden hatte er laut haitianischem Journalistenverband (AJH) vor einer Polizeiwache in der Hauptstadt Port-au-Prince protestiert, um die Freilassung des Journalisten Robeste Dimanche zu fordern. Auch einige weitere der protestierenden Medienschaffenden wurden laut AJH von der Polizei angegriffen. Dimanche, der kurz zuvor bei der Berichterstattung über eine Demonstration in Port-au-Prince verhaftet worden war, wurde einige Stunden später wieder freigelassen.

Einige Tage zuvor entging ein weiterer Journalist nur knapp einem Mordanschlag. Roberson Alphonse, Reporter der Tageszeitung Le Nouvelliste, der auch für den Fernsehsender Télé 20 und den Radiosender Magik 9 arbeitet, wurde am Morgen des 25. Oktober auf dem Weg zur Arbeit in der Hauptstadt von Bewaffneten überfallen. Sie durchlöcherten sein Auto mit Kugeln, doch Alphonse schaffte es trotz Schussverletzungen an einem Arm, sich selbst in ein Krankenhaus zu fahren. Er schwebte nicht in Lebensgefahr.

Am Vortag wurde die Leiche des Radiomoderators Garry Tess mit Spuren von Gewalteinwirkung in einem Gebiet in der Nähe des Hafens der südwestlichen Stadt Les Cayes aufgefunden. Tess, der Co-Moderator einer Sendung über lokale Politik beim in Les Cayes ansässigen Radiosender Lebon FM war, war seit dem 18. Oktober vermisst worden. Lokalen Medien zufolge stand er den Behörden in Les Cayes oft kritisch gegenüber.

Bereits am 11. September waren die Journalisten Tayson Latigue und Frantzsen Charles während einer Recherche in einem der ärmsten Viertel von Port-au-Prince von bewaffneten Männern getötet worden. Zwei weitere Journalisten, Wilguens Louissaint und John Wesley, waren am 7. Januar während einer Recherche in einem abgelegenen Vorort von mutmaßlichen Bandenmitgliedern getötet worden.

Auf der Rangliste der Pressefreiheit steht Haiti auf Platz 70 von 180 Staaten. 



nach oben