Ägypten 13.08.2015

Shawkan unverzüglich freilassen

Fotojournalist Abdel Shakour Abu Zeid, besser bekannt unter dem Pseudonym Shawkan

Reporter ohne Grenzen (ROG) fordert die sofortige Freilassung des ägyptischen Fotografen Abdel Shakour Abu Zeid, besser bekannt unter dem Pseudonym Shawkan. Der Fotojournalist wurde vor zwei Jahren festgenommen und sitzt seither ohne formelle Anklage in Kairo in Haft. Er hatte am 14. August 2013 fotografiert, als das Protestcamp von Anhängern des gestürzten Präsidenten Mohammed Mursi aufgelöst wurde. Seither wurde die Untersuchungshaft gegen Shawkan immer wieder alle 45 Tage verlängert. Am kommenden Montag soll der 28-Jährige nun vor Gericht erscheinen.

Nun droht das Verfahren

„Der Fotojournalist leidet nun schon seit zwei Jahren unter den schweren Bedingungen der Untersuchungshaft, ohne dass seine Festnahme jemals ausreichend begründet wurde“, sagte Vorstandsmitglied Gemma Pörzgen. „Das willkürliche Vorgehen der ägyptischen Justiz gegen den Kollegen ist ein Skandal und auch in der Geschichte Ägyptens beispiellos.“  

ROG befürchtet, dass die Staatsanwaltschaft ihn nun wegen Mitgliedschaft in einer verbotenen Gruppe, Mord und Waffenbesitz anklagen könnte  – so erging es während der vergangenen Monate hunderten, zeitgleich inhaftierten Demonstranten in Kairo.

Nachricht aus der Zelle 

In einer Nachricht aus seiner Zelle schrieb Shawkan erst vor kurzem:  „Journalismus ist im heutigen Ägypten zu einem Verbrechen geworden. Ein Journalist kann zu lebenslanger Haft verurteilt werden oder viele Jahre in Untersuchungshaft verbringen.“ Nach zwei Jahren im Gefängnis erscheine ihm seine jetzige Lage wie „ein schwarzes Loch, in dem sich alles gleicht und alles dunkel wird.“

In einer Protestmail-Aktion hat Reporter ohne Grenzen den internationalen Druck für Shawkans Freilassung in den letzten Monaten bereits verstärkt. 

Shawkan war als Fotojournalist für zahlreiche internationale Medien tätig, so auch für die Wochenzeitung Die Zeit und das Nachrichtenmagazin Focus. Er ist bei der Fotoagentur Demotix unter Vertrag, in deren Auftrag er zum Zeitpunkt seiner Festnahme unterwegs war.

In Kairos berüchtigtem Tora-Gefängnis inhaftiert

Nach Angaben von Familienangehörigen wird der Journalist in dem berüchtigten Tora-Gefängnis in Kairo festgehalten. Während der vergangenen zwei Jahre soll er wiederholt geschlagen und auch gefoltert worden sein. Sein Gesundheitszustand hat sich in der Haft dramatisch verschlechtert. Er leidet an einer Hepatitis, die sich kontinuierlich verschlimmert. Trotz schwerer Erkrankungen versorgt ihn das Wachpersonal nicht mit den notwendigen Medikamenten, die seine Familie für ihn bereitgestellt hat.  

Auch Al-Jazeera Kollegen angeklagt

In Ägypten sind derzeit zehn Journalisten und ein Online-Aktivist inhaftiert. Gegen drei Al-Jazeera Journalisten läuft aktuell ein Gerichtsverfahren. Peter Greste, Mohamed Adel Fahmi und Baher Mohamed wurden im Dezember 2013 festgenommen und im Juni 2014 zu sieben bis zehn Jahren Haft verurteilt. Das Oberste Gericht in Ägypten hob die Haftstrafe im Januar dieses Jahres jedoch wieder auf und ordnete ein neues Verfahren an. In den vergangenen Wochen wurde die Urteilsverkündung mehrmals verschoben und soll nun am 29. August stattfinden.

Am 11. April 2015 wurden die Journalisten Abdullah al-Facharani, Samhi Mustafa und Mohamed al-Adli wegen der angeblichen Verbreitung von Chaos und falscher Informationen zu lebenslanger Haft verurteilt. Ihre Fälle wurden im Rahmen eines Massenprozesses gegen insgesamt 51 Angeklagte verhandelt. Facharani und Mustafa gehören zu den führenden Köpfen des Bürgerjournalismus-Projekts Rassd und wurden in der Vergangenheit unter anderem von der Deutsche Welle Akademie trainiert. Auch sie waren im August 2013 nach der gewaltsamen Auflösung des Protestlagers von Mursi-Anhängern festgenommen worden.

Willkürliche Festnahmen und Folter an der Tagesordnung 

Die Anfang 2014 verabschiedete Verfassung hat Ägypten nur auf dem Papier mehr Presse- und Meinungsfreiheit gebracht. Regierung und Justiz gehen systematisch gegen Medien mit Verbindungen zur Muslimbruderschaft oder Sympathien für die Gruppe vor. Willkürliche Festnahmen und Folter sind an der Tagesordnung. Nach wie vor können Journalisten und andere Zivilisten vor Militärgerichten abgeurteilt werden. Nicht zuletzt infolge eines von Regierung und Staatsmedien geschürten Klimas pauschaler Verdächtigungen müssen Reporter mit Gewalt von Sicherheitskräften und Demonstranten rechnen. Selbstzensur ist verbreitet. Viele Medien ergreifen offen Partei für Armee und Regierung, nur wenige ägyptische Journalisten wagen Kritik.

Auf der Rangliste der Pressefreiheit steht Ägypten auf Platz 158 von 180 Ländern.



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