Iran 20.09.2010

Shiva Nazar Ahari zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt

Reporter ohne Grenzen (ROG) kritisiert die Verurteilung der iranischen Menschenrechtsaktivistin und Bloggerin Shiva Nazar Ahari zu sechs Jahren Haft und 76 Peitschenhieben auf das Schärfste. Die 26. Kammer des Teheraner Revolutionsgerichts sprach die Dissidentin am 18. September wegen „Propaganda gegen das Regime“,  „Versammlung und geheime Verabredung zur Durchführung eines Verbrechens“ und „Moharebeh“ (Feindschaft gegen Gott) schuldig.

Ahari soll die Haftstrafe in der Stadt Iseh in der Provinz Chusestan im Südwesten Irans verbüßen. Freunden der Familie Aharis zufolge will die Menschenrechtlerin gegen das Urteil in Berufung gehen.

„Wir sind schockiert über das Urteil. Die Vorwürfe gegen Ahari entbehren jeder Grundlage“, kritisiert ROG-Geschäftsführer Christian Rickerts. „Wir beharren auf der Freilassung der Dissidentin und fordern die Behörden auf, ein faires und transparentes Berufungsverfahren einzuleiten“, so Rickerts weiter.

Die 26-jährige Shiva Nazar Ahari ist rund eine Woche vor der Urteilsverkündung, am 12. September, gegen eine Kaution von 500 Millionen Toman (rund 390.000 Euro) aus dem Teheraner Evin-Gefängnis frei gelassen worden.
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Pressemitteilung vom 15.9.2010

Shiva Nazar Ahari auf Kaution freigelassen / Urteil steht noch aus

Die iranische Bloggerin und Menschenrechtsaktivistin Shiva Nazar Ahari ist am 12. September gegen eine Kaution von 500 Millionen Toman (Achtung Korrektur der Umrechnung: rund 390.000 Euro) freigelassen worden. Shiva Nazar Aharis Anwalt erwartet die Urteilsverkündung in wenigen Wochen. Nach seinen Angaben droht seiner Mandantin, die im Teheraner Evin-Gefängnis inhaftiert war, eine mehrjährige Haftstrafe.

 

„Wir begrüßen, dass Shiva Nazar Ahari vorübergehend den menschenunwürdigen Haftbedingungen entfliehen kann. Mit hoher Wahrscheinlichkeit muss die Bloggerin und Aktivistin aber schon in einigen Wochen wieder ins Gefängnis – für mehrere Jahre. Wir appellieren ein weiteres Mal für die sofortige Freilassung der Menschenrechtlerin. Die Strafvorwürfe des Gerichts sind absurd und haltlos“, so ROG-Geschäftsführer Christian Rickerts.

 

Nach Angaben des Anwalts der Dissidentin wurde die Anklageschrift bei der Verhandlung am 4. September vor einem Teheraner Revolutionsgericht verlesen. Wegen ihrer Aktivitäten als Online-Dissidentin und Menschenrechtsaktivistin wurde Ahari in folgenden Punkten angeklagt: Feindschaft gegen Gott – „Moharebeh“ (nach Artikel 186 des islamischen Strafgesetzbuches), Versammlung und geheime Verabredung zur Durchführung eines Verbrechens (nach Artikel 610), Propaganda gegen das Regime (Artikel 500) und Störung der öffentlichen Ordnung (Artikel 618). Aus der Sicht von ROG hat die 26-jährige Aktivistin lediglich von ihrem Recht auf Rede-, Meinungs- und Versammlungsfreiheit Gebrauch gemacht.

 

Shiva Nazar Ahari, Gründungsmitglied der Menschrechtsorganisation „Committee of Human Rights Reporters“ (CHRR) und Herausgeberin der Website „Azad Zan“ („Frauenbefreiung“) wurde bereits mehrmals inhaftiert. Auch nach ihrer vorletzten Festnahme am 14. Juni 2009 kam sie nach einigen Monaten gegen eine Kaution frei. Damals belief sich die Summe auf 300 Millionen Toman (Achtung Korrektur der Umrechnung: rund 230.000 Euro). Die Kautionssummen stellen eine große Belastung für Ahari und deren Familie dar, da sie ihren Besitz verpfänden mussten.

 

Zur Unterstützung der Menschenrechtlerin hatte ROG im August eine Petition lanciert: 3.770 Menschen aus 60 unterschiedlichen Ländern hatten den Online-Appell an die iranischen Justizbehörden unterzeichnet. Rund 40 Aktivisten folgten am 2. September dem Aufruf von ROG und versammelten sich zur Übergabe der Petition vor der iranischen Botschaft in Berlin. Die Demonstrantinnen und Demonstranten trugen Masken mit dem Gesicht der Menschenrechtsaktivistin und Bloggerin. Sie forderten in Sprechchören deren Freilassung und die ihrer zahlreichen ebenfalls inhaftierten Kolleginnen und Kollegen. Schließlich wurden die Unterschriften bei der Botschaft abgegeben.

 

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