Tunesien 16.12.2004

Urteil gegen Internet-Surfer bestätigt

Reporter ohne Grenzen verurteilt die Entscheidung des tunesischen Revisionsgerichts vom 8. Dezember, den Rechtsspruch eines tunesischen Gerichts gegen acht Internet-Surfer aus Zarzis nicht zu revidieren. Die Menschenrechtsorganisation kritisiert auch die Misshandlungen, denen die acht jungen Männer aus der südtunesischen Stadt während ihrer Haft ausgesetzt waren. Am 6. April 2004 verurteilte ein tunesisches Gericht Hamza Mahrouk (21 Jahre), Amor Farouk Chelandi (21), Amor Rached (21), Abdel-Ghaffar Guiza (21), den Deutsch-Tunesier Aymen Mecharek (22), Ridha Hadj Brahim (38), Ayoub Sfaxi (21) und Tahar Guemir (20) wegen angeblicher Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung mit Verbindungen zu Al-Qaida zu Haftstrafen von bis zu 26 Jahren. Ihnen war auch vorgeworfen worden, mithilfe des Internets Attentate geplant zu haben. Für ihre Schuld sind aber nie schlüssige Beweise vorgebracht worden.In einem Berufungsverfahren wurden die Haftstrafen von Mahrouk, Chelandi, Rached, Guiza, Mecharek und Brahim von 19 auf 13 Jahre reduziert. Die Strafe von 26 Jahren Gefängnis für Sfaxi und Guemir wurde in dem Verfahren allerdings bestätigt.Vor dem Revisionsgericht kritisierten die Anwälte der Angeklagten die lückenhafte Beweisführung der Staatsanwaltschaft. Vor Gericht hatte die Anklage Kopien von Webseiten über automatische Waffen und Zeitbomben präsentiert. Diese sollen die jungen Männer angeblich besucht haben. Die Unterlagen zeigten aber weder die Adresse der Webseiten noch das Datum, an dem die Männer die Seiten aufgerufen haben sollen. Trotz dieser Vorwürfe änderte das Revisionsgericht das Urteil nicht. Aussagen der Angeklagten, sie seien unter Folter zu Geständnissen gezwungen worden, wurden von den Richtern ignoriert. Einem Report der Menschenrechtsorganisation Assocation de Lutte contre la Torture en Tunisie (ALTT) zu Folge wurden die acht jungen Männer in den ersten zehn Tagen nach ihrer Verhaftung im Februar 2003 gefoltert. Mehrere Stunden lang wurden sie an den Fußgelenken aufgehängt und misshandelt. Einige von ihnen erhielten Schläge auf die Fußsohlen; eine Art der Folter, die „Falaqua“ genannt wird.In diesem Zusammenhang kritisiert Reporter ohne Grenzen wiederholt die Entscheidung des Weltgipfels zur Informationsgesellschaft, sein zweites Treffen im kommenden Jahr in Tunis abzuhalten. Es grenze an schwarzen Humor, eine solche Veranstaltung in einem Land auszurichten, wo Surfen im Internet mit Folter endet.Weitere Informationen: Katrin EversReporter ohne GrenzenSkalitzer Straße 101, D-10997 Berlinpresse@reporter-ohne-grenzen.dewww.reporter-ohne-grenzen.deTel.: 49 - 30 - 615 85 85Fax: 49 - 30 - 614 56 49

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