Deutschland 14.12.2017

Wegweisendes Urteil gegen den BND

© picture alliance/chromorange

Der Bundesnachrichtendienst (BND) darf ab sofort keine Verbindungsdaten aus Telefongesprächen von Reporter ohne Grenzen in seinem Metadaten-Analysesystem „VerAS“ speichern. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig gab am Mittwoch (13.12.) einer Klage der Organisation statt. Mit dem Urteil werden dem BND zum ersten Mal seit Jahrzehnten bei der Metadatensammlung Schranken gesetzt.

„Das Urteil zeigt, dass es sich lohnt, wenn sich Menschenrechtsorganisationen über Gerichte gegen die massenhafte Speicherung von Daten durch den BND zu Wehr setzen. Durch das Urteil könnten nun auch andere Personen und Organisationen mit demselben Anliegen an den BND herantreten,“ sagte ROG-Geschäftsführer Christian Mihr. „Das Urteil ist ein historischer Erfolg für Reporter ohne Grenzen, weil es uns gelungen ist, dem BND Grenzen aufzuzeigen. Gleichzeitig stärkt es unsere Arbeit, denn verfolgte Journalisten aus autoritären Staaten wie Usbekistan oder China müssen sich darauf verlassen können, dass ihre Kommunikation mit uns vertraulich bleibt.

 

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ROG hatte am 30. Juni 2015 Klage gegen den BND beim Bundesverwaltungsgericht eingereicht, das in diesem Fall als erste und letzte Instanz zuständig ist. In dem Verfahren wird ROG von dem Rechtsanwalt Niko Härting vertreten. Die Klage richtet sich unter anderem gegen das System VerAS, mit dem der BND seit dem Jahr 2002 ohne gesetzliche Grundlage Metadaten auch von deutschen Bürgern sammelt, die im Zusammenhang mit ihrer Kommunikation anfallen.

Davon betroffen sind sowohl die sogenannte Ausland-Ausland-Kommunikation als auch Gespräche zwischen In- und Ausland sowie Verbindungsdaten, die dem BND von befreundeten Geheimdiensten zugeliefert werden. Die Speicherung geschieht so umfassend, dass auch Journalisten erfasst werden können, die nur indirekt und über mehrere weitere Kommunikationspartner zum Beispiel mit einem Terrorverdächtigen in Verbindung gebracht werden können.

In einer mündlichen Verhandlung im Dezember 2016 hat ROG bereits einen Teilerfolg erzielt, weil das Bundesverwaltungsgericht weitere Aufklärung über die Metadatensammlung des BND verlangt hatte. In der Verhandlung musste der Vertreter des BND einräumen, dass mit VerAS Kontaktnetzwerke bis in beliebig weite Verzweigungen analysiert werden könnten – im Prinzip auch „bis in die 14. Ebene“.

Im anderen Teil der Klage warf ROG dem Geheimdienst vor, im Zuge seiner strategischen Fernmeldeüberwachung ihren E-Mail-Verkehr mit ausländischen Partnern, Journalisten und anderen Personen ausgespäht zu haben. Diesen Teil wies das Gericht im Dezember 2016 als unzulässig ab. Im April 2017 entschied das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe, die Verfassungsbeschwerde von ROG gegen diese Entscheidung nicht zur Entscheidung anzunehmen. Zur Begründung erklärte das Gericht, ROG habe nicht glaubhaft genug dargelegt, dass die Organisation selbst von der BND-Überwachung betroffen war.

Daher zieht ROG gegen die Massenüberwachung des BND vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR). Eine entsprechende Beschwerde hat die Organisation Anfang Dezember erhoben.

Auf der Rangliste der Pressefreiheit steht Deutschland auf Platz 16 von 180 Staaten.



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