11.03.2011

Welttag gegen Internetzensur: Tunesisches Blog „Nawaat“ erhält ROG-Netizen-Preis

Das tunesische Blog Nawaat (http://nawaat.org) wird mit dem diesjährigen Netizen-Preis von Reporter ohne Grenzen (ROG) geehrt. Mit der Auszeichnung würdigt ROG die Verdienste des Blogs bei der Förderung von Meinungsfreiheit im Internet. Nawaat gehörte während der Herrschaft unter Präsident Ben Ali zu den wenigen kritischen Online-Plattformen in dem nordafrikanischen Land. Nawaat war zudem maßgeblich an der Berichterstattung über die politischen und sozialen Unruhen in Tunesien seit dem 17. Dezember beteiligt. 

Riadh Guerfali (Bloggername: Astrubal), einer der Gründer des Blogs, wird den Preis heute Abend in Paris entgegennehmen. Die Auszeichnung wird jährlich von ROG im Rahmen des „Welttags gegen Internetzensur“ am 12. März vergeben. Der Tag wurde von ROG initiiert, um auf das weltweit große Ausmaß der Internetzensur aufmerksam zu machen. Die Auszeichnung ist mit 2.500 Euro dotiert. 

Der international besetzten Jury zufolge steht Nawaat stellvertretend für die Schlüsselfunktion, die viele Blogger und engagierte Internetnutzer im Kampf für das Recht auf Informationsverbreitung und -beschaffung im Netz innehaben. Vor dem Hintergrund der Ereignisse in der arabischen Welt komme der diesjährigen Preisverleihung eine besondere Bedeutung zu, so der Präsident von ROG, Dominique Gerbaud. Geschätzt seien heute mindestens 1,6 Milliarden Menschen online. Das Internet gebe ihnen die Möglichkeit, ihre Ideen frei zu veröffentlichen. „Wie wir heute im Nahen Osten und Nordafrika sehen, bedeuten mehr Informationen mehr Auswahlmöglichkeiten, mehr Freiheit und letztendlich mehr Macht für das Individuum“, erklärte Gerbaud.

Der ROG-Generalsekretär Jean-François Julliard erinnert allerdings auch daran, dass die Freiheit des Internets unaufhörlich angegriffen wird. „Repressive Regime entwickeln beständig neue Methoden – online und offline –, die Meinungsfreiheit massiv einzuschränken.“

 Nawaat wurde von den Bloggern Astrubal und Sami Ben Gharbia im Jahr 2004 ins Leben gerufen. Sie bietet engagierten Bürgern die Möglichkeit zum Informationsaustausch. Das Blog hat in jüngster Zeit durch verschiedene Projekte auf sich aufmerksam gemacht. Besonders spektakulär war die Berichterstattung über die Unruhen in Sidi Bouzid. In der Stadt im Zentrum des Landes begannen im Dezember 2010 die tunesischen Massenproteste, über die in den ersten Wochen in den klassischen Medien nicht berichtet wurde. Auf dem Portal werden derzeit außerdem unter der Überschrift TuniLeaks  Enthüllungsdokumente von WikiLeaks über Tunesien öffentlich zugängig gemacht. Schließlich klärt das Blog Internetuser über die Gefahren auf, online identifiziert zu werden, und gibt Tipps zur Umgehung von Internetzensur. 

Für den „Netizen-Preis“ waren neben Nawaat fünf weitere Cyberaktivisten und Online-Journalisten für ihr Engagement für das Recht auf freie Rede im Internet nominiert: darunter unter anderem die belarussische Journalistin und Herausgeberin der unabhängigen Nachrichtenseite Charter 97, Natalia Radsin, sowie der vietnamesisch-französische Blogger Pham Minh Hoang, der in seinem Blog unter anderem über den umstrittenen Abbau von Bauxit im zentralen vietnamesischen Hochland durch chinesische Firmen berichtete und seit August 2010 in Haft ist. 

Informationen über die weiteren Nominierten finden Sie hier.

Bilder von der Preisverleihung am Freitag, den 11. März, ab 18.30 Uhr in Paris werden ab dem 12. März auf der ROG-Informationsseite zum Welttag gegen Internetzensur unter http://march12.rsf.org/en/ veröffentlicht.

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