Belarus 17.01.2012

Wochenzeitung beschlagnahmt: grober Akt von Zensur

Reporter ohne Grenzen (ROG) verurteilt die willkürliche Beschlagnahmung der Wochenzeitung Witebski Kurier am vergangenen Freitag, den 13. Januar. Die unabhängige Regionalzeitung war auf dem Weg von der Druckerei im russischen Smolensk in die belarussische Stadt Witebsk, als Verkehrspolizisten den Lkw stoppten und die gesamte Auflage von 10.000 Exemplaren ohne Begründung beschlagnahmten. 

ROG stuft dies als groben Akt der Zensur ein: "Wir fordern von den Behörden, die Transportfreiheit für Zeitungen zu gewährleisten", so ROG. 

Der Witebski Kurier ist in Russland registriert und darf – wie etliche russische Zeitungen auch – legal in Belarus verteilt werden. Im Rahmen der Zollunion zwischen Minsk und Moskau ermöglicht ein Abkommen über einen gemeinsamen „Informationsraum“ die ungehinderte Verteilung von Zeitungen in beiden Ländern. 2010 verweigerte die Stadt Witebsk dem Verlag jedoch die Lizenz, den Witebski Kurier in der Stadt zu verteilen. Er wird seither von Freiwilligen ausgetragen. 

Chefredakteur Oleg Borschtschewski fürchtet nun eine Anklage wegen illegaler Verbreitung der Zeitung. Er vermutet, die Beschlagnahmung stehe in Zusammenhang mit Berichten des Witebski Kurier über die bevorstehenden Parlamentswahlen im September 2012. Ein anderer Grund für die Zensur könnte ein Artikel über den Menschenrechtsaktivisten Ales Bjaljatski sein. Der Leiter der Menschenrechtsorganisation Wjasna (Frühling) und Vizepräsident der Internationalen Föderation für Menschenrechte (FIDH) wurde im November 2011 wegen angeblicher Steuerhinterziehung zu viereinhalb Jahren Haft verurteilt.

Der Witebski Kurier wurde im September 2009 gegründet und steigerte seine Auflage bis Februar 2010 von 1.000 auf 10.000 Exemplare. Die Zeitung wurde bereits mehrmals von Behörden beschlagnahmt, zuletzt vor den Lokalwahlen im Oktober 2011. Im Juli 2010 hatte das staatliche Telekommunikationsunternehmen Beltelekom den Internetauftritt der Wochenzeitung blockiert.

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