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Südkorea

Rangliste der Pressefreiheit — Platz 47 von 180
International 12.02.2015

Rangliste der Pressefreiheit 2015 veröffentlicht

Reporter ohne Grenzen veröffentlicht heute die Rangliste der Pressefreiheit 2015. In der Mehrzahl der 180 bewerteten Länder ist die Lage für Journalisten und unabhängige Medien im vergangenen Jahr schlechter geworden. Zu den wichtigsten Gründen zählt die gezielte Unterdrückung oder Manipulation der Medien in Konfliktregionen wie der Ukraine, Syrien, dem Irak und den Palästinensergebieten. Daneben missbrauchen viele Staaten den angeblich nötigen Schutz der nationalen Sicherheit, um Einschränkungen der Pressefreiheit durchzusetzen.

„Wo die Kontrolle über Informationen ein strategisches Kriegsziel ist wie derzeit im Osten der Ukraine oder in Syrien, werden Journalisten zur Verfügungsmasse der Konfliktparteien“, sagte ROG-Vorstandssprecher Michael Rediske in Berlin. „Wenn Propaganda und Zensur in solchen Kriegen nicht die Oberhand behalten sollen, müssen die Rechte von Journalisten und unabhängigen Medien viel entschlossener verteidigt werden.“

Immer öfter werden auch Journalisten, die über Proteste berichten, zur Zielscheibe der Gewalt von Polizei oder Demonstranten. Daneben unterdrücken in vielen Ländern Terrorgruppen, Milizen oder Verbrecherkartelle unliebsame Informationen mit Einschüchterung und skrupelloser Gewalt. Zur vielerorts verheerenden Lage von Journalisten und Bloggern tragen schließlich auch Zensur und Gewalt im Namen von Religionen bei.

Die Rangliste der Pressefreiheit 2015 vergleicht die Situation für Journalisten und Medien in 180 Staaten und Territorien für den Zeitraum vom 15. Oktober 2013 bis zum 14. Oktober 2014. Deutschland liegt in diesem Jahr auf Platz 12 (+2) hält sich damit im oberen Mittelfeld der EU-Staaten.

Kriegsziel: Kontrolle über Informationen

Viele der bewaffneten Konflikte des zurückliegenden Jahres wurden auch als Informationskriege geführt. Ob in der Ukraine (PLATZ 129, -2), in Syrien (177, unverändert) und dem Irak (156, -3) im Gaza-Krieg zwischen Israel (101, -5) und der Hamas (Palästinensergebiete 140, -2) oder im Südsudan (125, -6): Ausnahmslos versuchten die Konfliktparteien, Nachrichtenmedien als unabhängige Informationsquellen auszuschalten oder für die Zwecke der eigenen Propaganda einzuspannen.

Die hohen Zahlen getöteter und entführter Journalisten in einigen dieser Ländern zeugen davon, wie unbequem Journalisten den Mächtigen dort als neutrale Beobachter sind – und wie skrupellos viele Konfliktparteien sie deshalb auszuschalten oder durch gezielte Angriffe abzuschrecken suchen. Die Folge sind schwarze Nachrichtenlöcher wie in Teilen Syriens und des Irak, aus denen praktisch keine unabhängigen Informationen mehr an die Außenwelt dringen.

Nationale Sicherheit als Vorwand für Repressionen

Angebliche Bedrohungen der nationalen Sicherheit dienen in vielen Staaten als Rechtfertigung für Eingriffe in die Pressefreiheit und andere Grundrechte. Russland (152, -4) etwa verabschiedete unter dem Eindruck des Kriegs mit der Ukraine weitere repressive Gesetze, darunter eine Verschärfung des Verbots, öffentlich zur Verletzung der territorialen Integrität aufzurufen – wodurch jede Kritik etwa an der Annexion der Krim kriminalisiert wird. Kasachstan (160, +1) führte per Gesetz eine Vorabzensur für Zeiten sozialer Unruhen ein, um sich für Proteste wie in der Ukraine zu wappnen.

Der „Schutz der Nationalen Sicherheit“ diente auch der Armee in Thailand (134, -4) nach dem Putsch im vergangenen Mai als Vorwand für umfassende Zensurmaßnahmen und musste als Rechtfertigung für eine hohe Zahl willkürlicher Festnahmen von Journalisten in Ägypten (158, +1) herhalten.

Gewalt gegen Berichterstatter bei Demonstrationen

Immer öfter werden Journalisten beschimpft, bedroht, angegriffen oder gar getötet, weil sie über Demonstrationen berichten. Manche werden gezielt angegriffen, um Berichte zu verhindern, andere geraten bei gewaltsamen Protesten unbeabsichtigt zwischen die Fronten.

Oft geht solche Gewalt von Polizei oder Armee aus – so in der Ukraine während der Maidan-Proteste Anfang 2014, bei neuen Protesten in der Türkei (149, +5) im Jahr nach der Gezi-Bewegung sowie bei Demonstrationen in Venezuela (137, -21) und Hongkong (70, -9). Die meisten dieser Übergriffe werden nie bestraft, wodurch sich die Verantwortlichen in der Wahl ihrer Mittel bestärkt sehen dürften. Immer wieder greifen auch aufgebrachte Demonstranten Journalisten oder Medienredaktionen an, um gegen angeblich einseitige Berichte zu protestieren.

Wiederholt wurden Journalisten während Demonstrationen willkürlich festgenommen – 2014 etwa bei Protesten in Bahrain (163, unverändert), aber auch bei den Unruhen in der Kleinstadt Ferguson in den USA (49, -3). Selbst wenn die Reporter nach kurzer Zeit wieder freikommen, ist die Drohgebärde unmissverständlich.

Bedrohungen durch nichtstaatliche Gruppen

Mächtige nichtstaatliche Gruppen, die keine unliebsamen Informationen dulden, sind in vielen Ländern eine tödliche Gefahr für Journalisten. Beispiele dafür sind Milizen wie der Islamische Staat in Syrien und dem Irak oder Boko Haram in Nigeria (111, +1), verschiedene islamistische Gruppen in Libyen (154, -17) sowie Paramilitärs und kriminelle Gruppen etwa in Kolumbien (128, -2) und Mexiko (148, +4). Auch in Brasilien (99, +12) werden immer wieder Journalisten ermordet, die über Themen wie Korruption oder organisierte Kriminalität berichten, auch wenn die Zahl solcher Morde gesunken ist.

So vielfältig ihre Motive sind, so einheitlich gehen diese Gruppen vor: Stets versuchen sie mit Drohungen und Racheakten, Journalisten und Blogger zum Schweigen zu bringen, die es wagen, etwa Menschenrechtsverletzungen oder die Verstrickungen solcher Gruppen mit den jeweiligen Regierungen zu kritisieren oder sich schlicht ihren Anweisungen zu widersetzen.

Erosion des "europäischen Modells"

Eine deutliche Verschlechterung der Pressefreiheit war 2014 in einigen Staaten der Europäischen Union zu beobachten. In Italien (73, -24) gerieten erschreckend viele Journalisten durch Mafia-Drohungen, Anschläge und unbegründete Verleumdungsklagen unter Druck. In Bulgarien (106, -6) ging die Finanzaufsicht auf der Grundlage eines im Eilverfahren verabschiedeten Gesetzes mit Ermittlungen und Geldstrafen gegen Journalisten vor, die über Missstände in der Finanzindustrie berichtet hatten.

Zunehmende Medienkonzentration und staatliche Eingriffe in Personal- oder Redaktionsentscheidungen beeinträchtigen weiterhin die Pressefreiheit in Ungarn (65, -1). In Luxemburg (19, -15) behindern Angriffe auf den Quellenschutz und enge Verbindungen zwischen Politik, Wirtschaft und Medien den aufkeimenden investigativen Journalismus.

Zensur im religiösen Gewand

Immer mehr Länder nutzen Verbote von Blasphemie (Gotteslästerung) oder Religionsbeleidigung, um politische Kritik zu unterdrücken. Zu dieser Gruppe zählen Staaten wie Saudi-Arabien (164, unverändert) und Iran (173, unverändert), aber auch Kuwait (90, +1) und Indien (136, +4). In jedem dieser Länder wurden 2014 Blogger oder Journalisten verhaftet, weil sie sich kritisch über religiöse Gruppen hatten oder über Staatsorgane, die sich religiös zu legitimieren versuchen.

Diktaturen streben nach noch mehr Kontrolle

Selbst viele der ohnehin repressivsten Staaten haben 2014 ihren Zugriff auf die Medien weiter verschärft. So belegte China (176, -1) Journalisten mit neuen Einschränkungen wie einem Verbot „unautorisierter Kritik“ und verhaftete prominente Journalisten und Blogger wie Gao Yu und Ilham Tohti. Im Sudan (174, -2) war das Jahr von willkürlichen Festnahmen und der Beschlagnahme von rund 50 kompletten Zeitungsauflagen geprägt; für Berichte über Korruption wurde eine Vorzensur eingeführt. 

Aserbaidschan (162, -2) zwang die wenigen noch vorhandenen unabhängigen Zeitungen durch finanziellen und juristischen Druck zur Aufgabe, trieb Dutzende Journalisten ins Exil und verhaftete viele andere. Usbekistan (166, unverändert) schreckt trotz äußerst repressiver Gesetze offenbar selbst vor außergesetzlichen Maßnahmen nicht zurück: Das wichtigste unabhängige Nachrichtenportal des Landes, Uznews, musste seinen Betrieb einstellen, nachdem das E-Mail-Konto seiner Chefredakteurin gehackt und Informationen über das Netzwerk von Untergrund-Korrespondenten im Internet verbreitet wurden.

Wichtige Auf- und Absteiger

Größter Absteiger in der Rangliste 2015 ist Andorra (32, -27), wo wirtschaftliche Konzentration und Interessenkonflikte schärfer zutage getreten sind und jeglicher gesetzliche Schutz für Meinungsfreiheit und die Vertraulichkeit journalistischer Quellen fehlt. Vor allem die Macht der Banken auch als Anzeigenkunden ist ein ernsthaftes Problem für die Unabhängigkeit der Medien.

Größter Aufsteiger ist die Mongolei (54, +34). Die Umwandung der staatlichen in öffentlich-rechtliche Medien hat dort zu einem deutlich verbesserten Umfeld für die Arbeit von Journalisten beigetragen.  Auch werden mittlerweile die positiven Auswirkungen eines 2012 in Kraft getretenen Informationsfreiheitsgesetzes sichtbar, das nun etwa Veröffentlichungen über die Vermögensverhältnisse von Politikern ermöglicht.

Spitzenreiter und Schlusslichter

Die Spitzenplätze der Rangliste nehmen Finnland, Norwegen und Dänemark ein. Dazu tragen etwa liberale Regelungen über den Zugang zu Behördeninformationen sowie der Schutz journalistischer Quellen bei. In Finnland haben die Bürger seit 2010 sogar ein einklagbares Recht auf eine bezahlbare Breitbandverbindung. Am Ende der Rangliste halten sich unverändert Eritrea, Nordkorea und Turkmenistan – Diktaturen, die die Medien ihrer Länder so gut wie vollständig kontrollieren. 

Methodik der Rangliste

Die jährliche Rangliste von Reporter ohne Grenzen bewertet die Lage der Presse- und Informationsfreiheit in 180 Ländern. Grundlage der Rangliste ist ein Fragebogen zu allen Aspekten unabhängiger journalistischer Arbeit, den Reporter ohne Grenzen an Hunderte Journalisten, Wissenschaftler, Juristen und Menschenrechtsverteidiger weltweit sowie an sein eigenes Korrespondentennetzwerk verschickt.

Die insgesamt 87 qualitativen Fragen sind in sechs Kategorien unterteilt: Medienvielfalt, Unabhängigkeit der Medien, journalistisches Arbeitsumfeld und Selbstzensur, rechtliche Rahmenbedingungen, institutionelle Transparenz sowie Produktionsinfrastruktur. Aus den gewichteten Antworten wird eine Punktzahl zwischen 0 (optimal) und 100 (schlechtestmöglich) errechnet. Hinzu kommt eine quantitative Kategorie für Übergriffe und Gewalttaten gegen Journalisten, die Reporter ohne Grenzen nach festgelegten Kriterien selbst ermittelt und die in eine Gesamtpunktzahl einfließt. Aus der höheren dieser beiden Punktzahlen – also dem schlechteren Wert – ergibt sich im Verhältnis zu den Ergebnissen der übrigen Länder der jeweilige Platz in der Rangliste. Die Punktzahl für Übergriffe kann den Rang eines Landes also nur verschlechtern, aber nicht verbessern.



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