Zum Internationalen Tag gegen Straflosigkeit für Verbrechen an Journalistinnen und Journalisten am 2. November 2019 erinnert Reporter ohne Grenzen an 22 Medienschaffende, die ermordet, gefoltert oder entführt wurden, ohne dass jemals jemand dafür zur Rechenschaft gezogen wurde. Die Organisation erneuert aus diesem Anlass ihre Forderung an die Vereinten Nationen, einen Sonderbeauftragten oder eine Sonderbeauftragte für den Schutz von Journalistinnen und Journalisten einzusetzen, der oder die direkt dem UN-Generalsekretär untersteht und die Befugnis zu eigenständigen Untersuchungen hat, wenn Staaten nach Gewalttaten gegen Medienschaffenden nicht ermitteln.
Trotz zahlreicher UN-Beschlüsse zur Sicherheit von Journalistinnen und Journalisten bleiben die Zahlen besorgniserregend: Im Laufe der vergangenen zehn Jahre sind weltweit mehr als 900 Journalistinnen und Journalisten, Bürgerjournalistinnen und Bürgerjournalisten sowie Medienmitarbeitende wegen ihres Berufs getötet worden, mindestens 44 davon seit Beginn dieses Jahres. Allein in Mexiko wurden in den vergangenen zehn Jahren mindestens 72 Medienschaffende getötet, im Syrienkrieg waren es seit 2011 mindestens 265. Viele Konfliktparteien entführen, foltern oder ermorden Medienschaffende gezielt. Rund 60 Prozent der 84 im Jahr 2018 getöteten Medienschaffenden wurden gezielt wegen ihrer Arbeit ermordet.
Exemplarische Fälle von Straflosigkeit
Die meisten Reporterinnen und Reporter sterben außerhalb von Kriegsgebieten, weil sie in Ländern wie Mexiko, Kolumbien, Indien oder den Philippinen über organisierte Kriminalität, Korruption, Machtmissbrauch oder Menschenrechtsverletzungen berichtet haben. Die große Mehrheit dieser Verbrechen bleibt ungestraft.
Zum Welttag gegen Straflosigkeit hat Reporter ohne Grenzen sieben solcher Fälle zusammengestellt, die teils seit Jahren ungesühnt sind: Der saudi-arabische Journalist Jamal Khashoggi wurde am 2. Oktober 2018 im Konsulat seines Landes in Istanbul ermordet. Einst ein Vertrauter des saudischen Königshauses, hatte er sich vor seinem Tod zunehmend kritisch geäußert. Bis heute ist unbekannt, was mit seiner Leiche geschah und wer die Auftraggeber hinter der Tat waren. Anstatt sich der Aufklärung zu widmen, gehen die saudi-arabischen Behörden weiter mit aller Härte gegen unabhängige Journalistinnen und Journalisten vor.
Die maltesische Investigativjournalistin und prominente Regierungskritikerin Daphne Caruana Galizia wurde am 16. Oktober 2017 in der Nähe ihres Hauses durch eine Autobombe getötet. Wenige Wochen später wurden zehn Männer festgenommen, drei von ihnen sind inzwischen wegen Mordes angeklagt. Wer den Mord in Auftrag gegeben hat, ist weiter unklar. Die Ermittlungen der vergangenen zwei Jahre waren von Versäumnissen, Unterlassungen und Ungereimtheiten geprägt.
Die mexikanische Journalistin Miroslava Breach wurde am 23. März 2017 in ihrem Auto vor ihrem Haus erschossen. Sie hatte viele Jahre über die Verbindungen von Drogenkriminalität und Politik geschrieben und war schon oft bedroht worden. Zweieinhalb Jahre später ist der angebliche Auftraggeber im Gefängnis, der Mörder selbst ermordet und ein Komplize auf der Flucht. Die wichtigste Frage – welche Rolle die Politik in dem Mord spielte – bleibt unbeantwortet.
Auch die Morde an Javier Valdez 2017 in Mexiko, Gauri Lankesh 2017 in Indien und Pawel Scheremet 2016 in der Ukraine sowie das Verschwinden von Jean Bigirimana 2016 in Burundi sind nach wie vor nicht aufgeklärt.
Die 15 weiteren Fälle, die Reporter ohne Grenzen zum Welttag gegen Straflosigkeit 2015 dokumentiert hat, sind leider noch immer aktuell. In keinem von ihnen wurden bislang die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen.
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