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Usbekistan

Rangliste der Pressefreiheit — Platz 137 von 180
Usbekistan 22.02.2017

Seit 1999 inhaftierter Journalist frei

Muhammad Bekschanow nach seiner Freilassung. © privat

Reporter ohne Grenzen ist erleichtert über die Freilassung des seit fast 18 Jahren in Usbekistan inhaftierten Journalisten Muhammad Bekschanow. Bekschanow war seit dem 15. März 1999 im Gefängnis und damit weltweit einer der am längsten für seine Arbeit inhaftierten Journalisten.

„Muhammad Bekschanow hat fast 18 Jahre dafür gebüßt, dass er sein Menschenrecht auf Pressefreiheit wahrgenommen hat“, sagte ROG-Geschäftsführer Christian Mihr. „Seine Freilassung ist ein ermutigendes Zeichen, dass anhaltender Druck auf autoritäre Regime früher oder später Wirkung zeigt. Jetzt muss Usbekistan endlich auch Salijon Abdurakhmanow und alle anderen inhaftierten Journalisten freilassen.“

Reporter ohne Grenzen setzte sich während Bekschanows Haft immer wieder für ihn ein und ehrte ihn 2013 als Journalist des Jahres.

Neben ihm waren in Usbekistan zuletzt weitere neun Journalisten wegen ihrer Tätigkeit inhaftiert, darunter seit 2008 der aufgrund fragwürdiger Drogenvorwürfe verurteilte Salijon Abdurakhmanow. Für ihn setzt sich Reporter ohne Grenzen unter anderem mit einer Protestmail-Aktion ein. 

In Usbekistan existieren praktisch keine unabhängigen Medien, kritische Journalisten werden systematisch überwacht, eingeschüchtert und verfolgt. Usbekische Journalisten, die heimlich für Exilmedien wie die Ende 2014 infolge eines Hackerangriffs geschlossene Webseite uznews.net berichten, riskieren Verfolgung, Verhaftung und lange Gefängnisstrafen. Die Haftbedingungen sind teils unmenschlich. Vergangenen August verurteilte ein Gericht in Ferghana den Bruder eines Exil-Journalisten für den usbekischen Dienst des US-Auslandssenders Radio Free Europe/Radio Liberty wegen fragwürdiger Drogenvorwürfe zu acht Jahren Gefängnis.

Auf der Rangliste der Pressefreiheit steht Usbekistan auf Platz 166 von 180 Ländern. Den 2016 verstorbenen langjährigen Präsidenten Islam Karimow zählte Reporter ohne Grenzen zu den größten Feinden der Pressefreiheit weltweit. An seinen Nachfolger Schawkat Mirsijajew appellierte ROG zu seinem Amtsantritt im vergangenen Dezember, endlich unabhängige Medien zuzulassen, die Zensur zu beenden und die inhaftierten Journalisten freizulassen.

Geständnis unter Folter erzwungen

Bekschanow machte sich in den ersten Jahren der Unabhängigkeit Usbekistans Anfang der 1990er Jahre als Chefredakteur der wichtigsten Oppositionszeitung Erk (Freiheit) einen Namen, die über Tabuthemen wie Umweltprobleme, Zwangsarbeit auf den Baumwollfeldern und wirtschaftliche Missstände berichtete. Nachdem die Zeitung 1994 verboten wurde, musste er ins Ausland fliehen. Nach einer Serie von Bombenanschlägen in der Hauptstadt Taschkent 1999 machte die Regierung pro-demokratische Kräfte einschließlich Erk für die Gewalttaten verantwortlich und zerschlug die Opposition. Bekschanow wurde in der Ukraine verhaftet und ausgeliefert, musste unter Folter ein „Geständnis“ unterschreiben und wurde zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt.

Kurz vor dem Ende seiner zwischenzeitlich etwas reduzierten Haftzeit erhielt der Journalist Anfang 2012 eine neue Strafe von vier Jahren und acht Monaten wegen angeblichen Ungehorsams gegen das Gefängnispersonal. Von einer Amnestie für über 60-jährige Häftlinge im vergangen Oktober blieb er ausgeschlossen. Verwandte und Kollegen berichten nach ihren seltenen Besuchsgelegenheiten, Bekschanow sei bei sehr schlechter Gesundheit. Infolge wiederholter Folter ist er mittlerweile weitgehend taub und hat viele Zähne verloren. Zudem erkrankte er im Gefängnis an Tuberkulose, die lange Zeit unbehandelt blieb.

Salijon Abdurakhmanow: Aufgrund fingierter Drogenvorwürfe in Haft

Der seit 2008 inhaftierte Salijon Abdurakhmanow berichtete regelmäßig für Medien wie Radio Free Europe/Radio Liberty, Voice of America und Uznews. Unter anderem schrieb er über die sozialen und gesundheitlichen Folgen der Austrocknung des Aralsees, eine der großen ökologischen Katastrophen Usbekistans. ROG teilt die Einschätzung Abdurakhmanows, dass die Behörden ihn wegen seiner journalistischen Arbeit mundtot machen wollten. 2014 wurde er mit dem Johann-Philipp-Palm-Preis für Meinungs- und Pressefreiheit ausgezeichnet.

Am 7. Juni 2008 wurden bei dem Journalisten bei einer Verkehrskontrolle 114 Gramm Marihuana und knapp 6 Gramm Opium gefunden. Abdurakhmanow gab an, er habe nichts mit den Drogen zu tun gehabt, und beschuldigte die Behörden, sie gezielt in seinem Auto platziert haben – eine gängige Praxis der usbekischen Behörden, um Kritiker aus dem Verkehr zu ziehen. Kurz nach dem Fund wurde der Journalist zunächst wegen Drogenbesitzes angeklagt. Als ein Bluttest ergab, dass er keinerlei Drogen konsumiert hatte, wurde er wegen des Verkaufs von Drogen angeklagt, einem wesentlich schwerer wiegenden Vergehen, das mit bis zu 20 Jahren Haft bestraft werden kann.

Trotz der unklaren Beweislage befand ein Gericht in der autonomen Region Karakalpakstan den Journalisten schließlich für schuldig und verurteilte ihn im Oktober 2008 zu zehn Jahren Haft. Eine Berufung wurde im Monat darauf abgewiesen. Der Oberste Gerichtshof wies eine von Abdurakhmanows Anwalt beantragte Wiederaufnahme des Verfahrens im Juni 2011 zurück. Der Gesundheitszustand des Inhaftierten hat sich in der Haft stark verschlechtert.



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