Reporter ohne Grenzen (RSF) ist in großer Sorge über die möglichen Auswirkungen eines Sicherheitsgesetzes auf die Arbeit von Journalistinnen und Journalisten in Hongkong. Das Gesetz soll offenbar noch in dieser Woche in Kraft treten. RSF befürchtet, dass es ähnlich wie in Festlandchina auch in der Sonderverwaltungszone als Vorwand für die juristische Verfolgung von Medienschaffenden dienen könnte. Noch im Laufe des Sommers könnte das Gesetz in Kraft treten, das Peking unter eklatanter Missachtung der Autonomie Hongkongs durchsetzen möchte.
„Das Sicherheitsgesetz würde dem chinesischen Regime Mittel an die Hand geben, unter dem Anschein der Legalität unliebsame Journalistinnen und Journalisten in Hongkong zu schikanieren und zu bestrafen“, sagte RSF-Geschäftsführer Christian Mihr. „Die überwiegende Mehrheit der 114 in China inhaftieren Medienschaffenden sitzt wegen angeblicher Verbrechen gegen die nationale Sicherheit im Gefängnis.“
Die Pläne für ein Sicherheitsgesetz in Hongkong hat der Nationale Volkskongress, Chinas Scheinparlament, am 28. Mai gebilligt. Demnach sollen „Terrorismus“, „Abspaltung“, „Untergrabung der Staatsgewalt“ und „ausländische Einmischung“ in der Region Hongkong unter Strafe gestellt werden. Diese vier Vergehen, die bisher nicht offiziell definiert wurden, können in China mit der Todesstrafe geahndet werden und dienen dort oft als Vorwand für die juristische Verfolgung von Journalistinnen und Journalisten.
Laut einer am 18. Juni veröffentlichten Umfrage der Hongkonger Journalistenvereinigung (HKJA) lehnen 98 Prozent der Medienschaffenden das Sicherheitsgesetz ab und befürchten demnach, dass es gegen sie verwendet werden könnte. RSF hat nun im Detail untersucht, wie die Vorwürfe „Terrorismus“, „Abspaltung“, „Untergrabung der Staatsgewalt“ und „ausländische Einmischung“ als Vorwand für die Verfolgung von Journalistinnen und Journalisten in Hongkong dienen könnten.
Die ehemalige britische Kronkolonie Hongkong wird seit ihrer Übergabe an China im Juli 1997 nach dem Prinzip „ein Land, zwei Systeme“ autonom und mit mehr Freiheiten regiert. Doch der Einfluss Pekings hat zu einer Verschlechterung der Lage der Pressefreiheit geführt.
Bei der Einführung der RSF-Rangliste der Pressefreiheit im Jahr 2002 stand die chinesische Sonderverwaltungszone noch auf Platz 18 von damals 139 bewerteten Ländern, heute steht Hongkong auf Rang 80 von 180 Staaten, weitere sieben Plätze schlechter als im Vorjahr. Auch die systematische Gewalt gegen Medien bei Protesten gegen ein mittlerweile zurückgezogenes Auslieferungsgesetz im vergangenen Jahr hat zu einer Verschlechterung beigetragen. Die Gewalt ging vor allem von der Polizei und pekingtreuen kriminellen Gruppen aus. China rangiert auf Platz 177. Mehr als 100 Journalistinnen und Journalisten sitzen hier wegen ihrer Arbeit zum Teil unter lebensgefährlichen Bedingungen im Gefängnis, mehr als in jedem anderen Land der Welt.
