Swissinfo.ch, das zehnsprachige Informationsportal des Schweizer Rundfunks für ein Publikum im Ausland, ist in Gefahr. Die Schweizer Regierung, der Bundesrat, will das Budget des Portals um die Hälfte kürzen. Gleichzeitig schlägt der Bundesrat vor, den Schweizer Beitrag an TV5 Monde zu kürzen. Dabei handelt es sich um den Programmkanal für den gesamten französischsprachigen Raum, der von den öffentlich-rechtlichen Fernsehsendern in französischer Sprache, darunter auch von der Schweiz, angeboten wird. Das deutschsprachige Pendant, der Sender 3Sat, würde das gleiche Schicksal ereilen. Um diese Massnahmen zu verhindern, ruft RSF dazu auf, eine Petition zu unterzeichnen.
Die Finanzierung von Swissinfo erfolgt genauso wie die Schweizer Beteiligung an TV5 Monde und 3Sat vollständig aus öffentlichen Mitteln. Sie wird zu gleichen Teilen vom Staatshaushalt sowie von der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft SRG (dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk) selbst – und somit aus den von Privatpersonen gezahlten Gebühren – finanziert. Die Regierung will nun den direkt vom Bund gezahlten Anteil streichen. Wichtig: Die SRG darf diese Kürzung nicht durch eine Erhöhung der Rundfunkgebühren ausgleichen.
Eine Petition soll die Gefahr abwenden
Diese Massnahmen sind Teil eines Sparprogramms, über das das Parlament im Dezember beraten wird. RSF ist Teil einer Koalition von Organisationen, die eine Petition gestartet haben, um eine Mehrheit des Schweizer Parlaments davon zu überzeugen, auf die von der Regierung vorgeschlagenen Einsparungen auf Kosten von Swissinfo, TV5 Monde und 3Sat zu verzichten.
Hier kann die Petition unterzeichnet werden.
Das Portal SWI swissinfo.ch verbreitet Inhalte in zehn Sprachen – darunter Russisch und Arabisch – und verzeichnet rund 45 Millionen Besuche pro Jahr. Es richtet sich nicht nur an die mehr als 800.000 Auslandschweizerinnen und -schweizer, sondern hat auch zum Ziel, einem breiten Publikum weltweit, insbesondere in autoritären Regimes, fundierte journalistische Inhalte zu vermitteln. Der Schwerpunkt liegt dabei insbesondere bei Themen wie Rechtsstaatlichkeit, Föderalismus, Menschenrechte, Meinungsfreiheit sowie direkter Demokratie, wie sie in der Schweiz seit langem praktiziert wird.
Swissinfo wird vom Jahrbuch zur Medienqualität des Fög-Instituts der Universität Zürich regelmässig als eines der qualitativ besten Angebote der Schweiz eingestuft. Das Portal ist zudem das einzige Schweizer Medium, das bisher über das Gütesiegel der Journalism Trust Initiative (JTI) verfügt, einem von RSF weltweit eingeführten Zertifizierungsverfahren.
Darum ist swissinfo so wichtig
Angesichts der zunehmenden Verbreitung von Desinformation und Versuchen, liberale Demokratien über grosse digitale Plattformen zu destabilisieren, ist RSF alarmiert über die drastische Schwächung des Mediums, das sich an ein Publikum im Ausland richtet und für journalistische Sorgfalt, Pluralismus und die Achtung der Menschenrechte einsteht. In diesem prekären Kontext ist swissinfo eine wertvolle Informationsquelle, die in zahlreichen Ländern Afrikas und Lateinamerikas als solche geschätzt wird.
Die Schweiz ist darüber hinaus nicht immun gegen die Gefahr ausländischer Einmischung in ihre eigenen demokratischen Prozesse: Wie die Regierung selbst in einem kürzlich veröffentlichten Bericht anerkannt hat, "stellen Einflussnahmen gegen die Schweiz eine besondere Gefahr für ihre Stellung in der internationalen Politik und als Sitz zahlreicher internationaler Organisationen dar".
Vor dem Hintergrund einer zunehmenden Medienkonzentration in der Schweiz und wachsender wirtschaftlicher Schwierigkeiten für viele Redaktionen würde die geplante Schwächung von Swissinfo der Schweizer Medienlandschaft einen weiteren schweren Schlag versetzen.
Schwerer Schaden droht auch für 3Sat und TV5Monde
RSF kämpft zudem gegen die Streichung der vom Bund übernommenen Finanzierung von TV5Monde und 3Sat in Höhe von 5,7 Millionen bzw. 3,7 Millionen Schweizer Franken pro Jahr (6,1 bzw. 4 Millionen Euro). Diese Maßnahme würde beiden Sendern schweren Schaden zufügen und sich negativ auf die internationale Verbreitung hochwertiger Fernsehreportagen und -dokumentationen aus der Schweiz auswirken.
Die Schweiz, die bei der Gründung von TV5Monde im Jahr 1984 eines der Gründungsmitglieder war, finanziert heute neben Frankreich (70 %), Québec in Kanada, der Föderation Wallonie-Brüssel in Belgien sowie Monaco etwa 6 % des Budgets. TV5Monde wird rund um die Uhr von mehr als 350 Millionen Haushalten in über 200 Ländern und Gebieten weltweit empfangen. Die Schweizer Programme machen etwa 10 % der Sendezeit von TV5Monde und 20 % seines digitalen Angebots aus.
In einem kürzlich erschienen Bericht “Pressure on public media: a decisive test for European democracies” hatte sich RSF mit den Bedrohungslagen für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Europa auseinandergesetzt.
Auf der Rangliste der Pressefreiheit steht die Schweiz auf Platz 9 von 180 Ländern.
