Journalist*innen weltweit waren auch im Jahr 2025 enorm gefährdet. Das liegt vor allem an bewaffneten Konflikten und dem organisierten Verbrechen: Mindestens 53 der 67 im Zeitraum 1. Dezember 2024 bis 1. Dezember 2025 getöteten Medienschaffenden fielen Kriegen oder kriminellen Netzwerken zum Opfer. Die mit Abstand meisten Journalist*innen wurden von der israelischen Armee in Gaza getötet. In der Ukraine nimmt die russische Armee weiterhin gezielt ausländische wie ukrainische Reporter*innen ins Visier. Auch im Sudan ist Berichterstattung zu einer lebensgefährlichen Arbeit geworden, und in Mexiko haben kriminelle Organisationen neun Reporter*innen ermordet. Das zeigt die Jahresbilanz der Pressefreiheit, die Reporter ohne Grenzen (RSF) am Dienstag (09.12.) veröffentlicht hat. Weltweit sitzen derzeit 503 Journalist*innen im Gefängnis. Die Zahl der als vermisst geltenden Reporter*innen steigt von 95 im Vorjahr auf 135 im Jahr 2025.
„Die hohe Zahl an getöteten Medienschaffenden ist erschreckend. Sie ist das Ergebnis systematischer Gewalt von Armeen, Milizen und kriminellen Netzwerken. Jede tote Journalistin und jeder inhaftierte Reporter sind auch für uns in Deutschland eine Mahnung: Wer Journalist*innen angreift, nimmt uns allen das Recht, uns ungehindert zu informieren“, sagt RSF-Geschäftsführerin Anja Osterhaus. „Wir dürfen diese Gewalt nicht länger hinnehmen und müssen Regierungen weltweit zum Umdenken und Handeln bringen. Wenn diejenigen, die kritisch berichten, um ihre Freiheit oder sogar um ihr Leben fürchten müssen, steht die Demokratie weltweit auf dem Spiel.“
Die wichtigsten Entwicklungen im Überblick
Nahezu die Hälfte (43 Prozent) der in den vergangenen zwölf Monaten getöteten Journalist*innen kam in Gaza durch teils gezielte Angriffe der israelischen Streitkräfte ums Leben. Das zweitgefährlichste Land der Welt bleibt Mexiko, mit neun getöteten Medienschaffenden. In Lateinamerika wurde fast ein Viertel (24 Prozent) der weltweit ermordeten Journalist*innen gezählt.
Weltweit sind 503 Journalist*innen in 62 Ländern inhaftiert. Die meisten Medienschaffenden sind weiterhin in China (121) eingesperrt, gefolgt von Russland (48) und Myanmar (47). Russland hält zudem mehr ausländische Journalist*innen fest als jeder andere Staat, nämlich 26 Ukrainer*innen.
RSF blickt in der Jahresbilanz auch nach Syrien: Ein Jahr nach dem Sturz des Regimes von Baschar al-Assad sind viele der Reporter*innen, die unter seiner Herrschaft verschwanden, weiterhin unauffindbar. Damit ist Syrien das Land mit der höchsten Zahl an Medienschaffenden mit ungewissem Schicksal – mehr als ein Viertel aller weltweit Vermissten sind dort verschwunden. Sie waren unter Assad inhaftiert worden, nach der Revolution und der Öffnung der Gefängnisse allerdings nicht aufgefunden worden.
67 Journalist*innen bezahlten für ihre Berichterstattung mit dem Leben
Seit der vergangenen RSF-Jahresbilanz vom 1. Dezember 2024 wurden 67 Journalist*innen im direkten Zusammenhang mit ihrer Arbeit getötet. Mindestens 37 von ihnen wurden Opfer von Streitkräften oder paramilitärischen Gruppen. 16 kamen durch Mitglieder des organisierten Verbrechens ums Leben. Die israelische Armee ist für mehr als 43 Prozent – fast die Hälfte – der in den vergangenen zwölf Monaten getöteten Journalist*innen verantwortlich. Insgesamt hat die israelische Armee seit Oktober 2023 fast 220 Journalist*innen getötet, darunter nach RSF-Informationen mindestens 65 im direkten Zusammenhang mit ihrer Arbeit; einige davon sogar gezielt.
Vor einem Jahr trat die mexikanische Präsidentin Claudia Sheinbaum ihr Amt an. Sie hatte angekündigt, sich für den Schutz von Berichterstattenden einzusetzen. Dennoch wurden 2025 in Mexiko so viele Journalist*innen getötet wie seit drei Jahren nicht mehr. Das Land bleibt das zweitgefährlichste weltweit für Journalist*innen, mit neun Morden allein in diesem Jahr.
Im Sudan herrscht Bürgerkrieg, Journalist*innen sind von verschiedenen Akteuren schwersten Übergriffen ausgesetzt. Vier von ihnen wurden 2025 während der Arbeit getötet, mindestens zwei starben, nachdem sie von der paramilitärischen Gruppe Rapid Support Forces entführt worden waren.
Zwei der in diesem Jahr getöteten Journalist*innen waren ausländische Reporter, die außerhalb ihres Herkunftslandes starben: Der französische Fotojournalist Antoni Lallican wurde durch einen russischen Drohnenangriff in der Ukraine getötet. Der salvadorianische Journalist Javier Hércules wurde in Honduras ermordet, wo er seit über einem Jahrzehnt gelebt hatte.
503 inhaftierte Journalist*innen weltweit
Weltweit saßen zum Stichtag der RSF-Analyse am 1. Dezember 2025 mindestens 503 Journalist*innen wegen ihrer Arbeit in 62 Ländern im Gefängnis. Die meisten sind in China inhaftiert (113, sowie acht weitere in Hongkong): Jahr für Jahr behauptet China seinen Status als das Land, in dem die meisten Medienschaffenden weggesperrt werden. Danach folgen Russland (48) und Myanmar (47).
Unter Wladimir Putin hält Russland mehr ausländische Journalist*innen fest als jeder andere Staat, 26 Ukrainer*innen, gefolgt von Israel: Zum 1. Dezember 2025 sitzen 20 palästinensische Journalist*innen in israelischen Gefängnissen, 16 von ihnen wurden in den vergangenen zwei Jahren in Gaza und im Westjordanland festgenommen.
Die Lage in Russland, Georgien, Aserbaidschan und Belarus zeigt, welchen gravierenden Bedrohungen die Pressefreiheit im postsowjetischen Raum ausgesetzt ist. In Georgien führte die zunehmend autoritäre politische Entwicklung zur Festnahme der georgischen Journalistin Msia Amaghlobeli im Januar. In Aserbaidschan sitzen derzeit 25 Journalist*innen in Haft, darunter die ehemalige RSF-Stipendiatin Sevinj Vagifgizi.
72 Prozent der vermissten Journalist*innen verschwanden im Nahen Osten und in Lateinamerika
Zum 1. Dezember 2025 gelten weltweit 135 Journalist*innen in 37 Ländern als vermisst – einige von ihnen seit mehr als drei Jahrzehnten. Insgesamt 75 Prozent der derzeit vermissten Journalist*innen verschwanden in Ländern des Nahen Ostens oder Lateinamerikas. Die Fälle häufen sich besonders in Mexiko (28) und Syrien (37). In Syrien waren viele Journalist*innen vom sogenannten „Islamischen Staat“ (IS) als Geiseln genommen oder vom Assad-Regime inhaftiert worden. Doch weder der Sturz des Regimes noch der Zusammenbruch des IS haben bislang dazu geführt, dass das Schicksal dieser Journalist*innen aufgeklärt wurde – RSF führt sie in der Jahresbilanz nun als vermisst.
Von den weltweit 20 entführten Journalist*innen wurden sieben im Jahr 2025 von Huthi-Rebellen im Jemen verschleppt, mehr als in jedem anderen Land. In Syrien übernahm nach dem Fall des Assad-Regimes die dschihadistische Gruppe Hajat Tahrir al-Scham (HTS) zunehmend die Kontrolle und hält weiterhin mehrere Medienschaffende als Geiseln. In Mali sind inzwischen zwei Jahre vergangen, seit die Journalisten Saleck Ag Jiddou, Direktor von Radio Coton d’Ansongo, und Moustapha Koné, Moderator desselben Community-Senders, am 7. November 2023 von einer bewaffneten Gruppe entführt wurden.
Informationen zur Jahresbilanz der Pressefreiheit
In der seit 1995 veröffentlichten Jahresbilanz der Pressefreiheit dokumentiert RSF die Zahlen der schwersten Übergriffe auf Medienschaffende weltweit im zu Ende gehenden Jahr. Das betrifft neben professionellen Journalist*innen auch Medienmitarbeitende wie Kamerafrauen oder Tontechniker sowie Bürgerjournalist*innen, die gerade in Ländern mit autoritären Regimen und in Kriegsgebieten eine wichtige Rolle bei der Recherche und Verbreitung relevanter Informationen spielen.
Die Jahresbilanz berücksichtigt nur Fälle, in denen RSF nach sorgfältiger Prüfung davon überzeugt ist, dass die aufgezählten Fälle in direktem Zusammenhang mit der journalistischen Tätigkeit Opfer von Gewalt, Angriffen oder Unterdrückung geworden sind. Das erklärt mögliche Unterschiede zwischen diesen Zahlen und denen anderer Organisationen.
Die Analyse umfasst den Zeitraum zwischen zwei RSF-Jahresbilanzen und berücksichtigt daher Fälle, die zwischen dem 1. Dezember 2024 und dem 1. Dezember 2025 bekannt wurden. Diese mit dem Bericht 2025 eingeführte zeitliche Anpassung soll sicherstellen, dass auch Verstöße im Dezember des Vorjahres – die zuvor nicht in die Jahresbilanz eingeflossen waren – erfasst werden. Entsprechend enthält die Jahresbilanz keine Gewalttaten oder Festnahmen, die nach dem 1. Dezember 2025 stattgefunden haben. Sie werden jedoch im Barometer der Pressefreiheit von RSF erfasst, das regelmäßig aktualisiert wird.
Ausführliche Daten und Grafiken finden Sie hier: https://www.reporter-ohne-grenzen.de/jahresbilanz
