Afghanistan / Deutschland

250 Organisationen fordern von der Bundesregierung, gefährdete Afghan*innen mit Aufnahmezusage endlich aufzunehmen

250 Organisationen fordern von der Bundesregierung, gefährdete Afghan*innen mit Aufnahmezusage endlich aufzunehmen
© picture alliance / dpa / Nabila Lalee
Eine Afghanin am Flughafen in Islamabad.

Zum Internationalen Tag der Menschenrechte am 10. Dezember fordern mehr als 250 deutsche Organisationen, darunter auch Reporter ohne Grenzen (RSF), die Bundesregierung auf, Schutzsuchende aus Afghanistan mit Aufnahmezusage aufzunehmen. Noch immer warten rund 1.800 Afghan*innen in Pakistan darauf, nach Deutschland evakuiert zu werden. Sie haben eine Aufnahmezusage von der Bundesregierung bekommen. Auch zwei von RSF betreute Journalist*innen und ihre Familien sind betroffen. 

Die Zeit drängt: Ende des Jahres läuft die Frist aus, die zwischen der Bundesregierung und der pakistanischen Regierung vereinbart wurde. Ein von RSF unterstützter Journalist wurde bereits im August nach Afghanistan abgeschoben und wartet dort seitdem in einem „Safe House“ auf den Ausgang seines Verfahrens. RSF unterstützt beide Journalist*innen und ihre Familien bei einer Klage. Den Betroffenen drohen in Afghanistan Verhaftung, Folter oder der Tod. 

„Diese höchst gefährdeten Journalist*innen warten seit Monaten auf ihre zugesagte Einreise nach Deutschland. In Afghanistan drohen ihnen Verhaftung, Folter oder noch Schlimmeres“, sagte RSF-Geschäftsführerin Anja Osterhaus. „Doch statt zu ihren Zusagen zu stehen, testet die Bundesregierung systematisch die Grenzen unseres Rechtsstaates aus: Nur Menschen, die ihre bereits zugesagte Aufnahme nach Deutschland erfolgreich einklagen, können auch tatsächlich einreisen. Jeder Einzelfall wird erneut geprüft, auf der Suche nach einem Vorwand, die Menschen doch nicht einreisen zu lassen. Dieses Vorgehen ist eines Rechtsstaates nicht würdig. Wer soll sich in Zukunft auf das Wort der Bundesregierung verlassen?“

Um sie vor Tod und Verfolgung zu schützen, brauchen die Menschen sofortige Evakuierungen: „Für alle Menschen mit Aufnahmezusage ist die sofortige, unbürokratische Ausreise vor Jahresende einzuleiten“, heißt es im offenen Brief. Zudem fordern die Organisationen einen schnellen Abschluss der Verfahren ohne weitere Verzögerung: Die Sicherheitsüberprüfungen und Visaverfahren müssen schnellstmöglich für alle Aufnahmeprogramme – inklusive Menschenrechtsliste und Überbrückungsprogramm – abgeschlossen werden. Außerdem muss die Bundesregierung im Gespräch mit der pakistanischen Regierung alle Möglichkeiten nutzen, um weitere Abschiebungen der Betroffenen nach Afghanistan zu verhindern und eine sichere Unterbringung bis zum Abschluss der Verfahren zu gewährleisten.

Das Bundesverfassungsgericht hat zuletzt die Regierung verpflichtet, endlich über die Visavergabe zu entscheiden. Eine verlässliche Klärung bedeutet das für die Betroffenen jedoch nicht.

Gefährdung über Deutschland und Afghanistan hinaus

RSF appelliert zudem an die Bundesregierung, ihre Verantwortung für gefährdete Journalist*innen im Gesamtkontext der Taliban-Herrschaft zu sehen. So wird das im November wiedereröffnete afghanische Generalkonsulat in Bonn von einer vom Taliban-Regime entsandten Vertretung kontrolliert. Damit haben die Taliban direkten Zugriff auf einen großen Datensatz anderer afghanischer Botschaften und Konsulate – eine potenzielle Gefahr für afghanische Journalist*innen in Deutschland und anderen Ländern. RSF sieht diese Entwicklungen vor dem Hintergrund der weltweit Transnationalen Repression (TNR) mit großer Sorge.  

Die Taliban gehören zu den größten Feinden der Pressefreiheit weltweit. Auf der Rangliste der Pressefreiheit steht Afghanistan auf Platz 175 von 180 Staaten.

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