Hongkong

Chefredakteure von Stand News verurteilt

Chefredakteure von Stand News verurteilt
© Picture Alliance/ newscom | Edmond So
Die verurteilten Journalisten beim Verlassen des Gerichts in Wan Chai nach dem Prozess.

Update:
Am 26.09. hat ein Gericht in Hongkong das Strafmaß gegen die beiden ehemaligen Chefredakteure von Stand News verkündet. Chung Pui-kuen wurde zu 21 Monaten Haft, Patrick Lam zu elf Monaten Haft verurteilt.

Chung saß zwischen 2021 und 2022 bereits fast ein Jahr in Haft und kam gegen Kaution frei. Weil das Strafmaß diese Zeit übersteigt, muss er wieder ins Gefängnis. Lam saß bereits zehn Monate in Untersuchungshaft. Aus gesundheitlichen Gründen kommt er sofort frei.

Die beiden Journalisten waren Ende August wegen der Verbreitung von „aufrührerischen“ Artikeln schuldig gesprochen worden. Das Urteil ist ein weiterer schwerer Schlag gegen die Pressefreiheit in Hongkong.

Es ist die erste Verurteilung wegen Volksverhetzung im Medienbereich in Hongkong seit der britischen Übergabe an China 1997: Am 29. August wurden Chung Pui-kuen und Patrick Lam, die Chefredakteure des inzwischen nicht mehr existierenden unabhängigen Online-Mediums Stand News, von einem Hongkonger Gericht der Verschwörung zur Veröffentlichung von volksverhetzenden Inhalten für schuldig befunden. Reporter ohne Grenzen (RSF) verurteilt diese Gerichtsentscheidung und hält sie für einen gefährlichen Präzedenzfall im Hinblick auf die ohnehin bedrohte Pressefreiheit in der Sonderverwaltungszone.

„Mit diesem Urteil hat Hongkong eine gefährliche rote Linie überschritten: Von nun an könnte jeder, dessen Berichterstattung nicht mit der offiziellen Darstellung der Behörden übereinstimmt, wegen Volksverhetzung verurteilt werden“, sagt Martin Kaul, Vorstandssprecher von RSF Deutschland. "Diese juristische Attacke stellt einen Präzedenzfall dar, der uns empört.“

Der Prozess gegen Chung Pui-kuen und Patrick Lam wurde bereits am 29. Juni abgeschlossen, doch der Urteilsspruch wurde mehrmals vertagt. Insgesamt waren die beiden Journalisten fast ein Jahr lang inhaftiert. Sie wurden anschließend auf Kaution freigelassen – unter der Bedingung, dass sie das Staatsgebiet nicht verlassen, sich wöchentlich bei der Polizei melden und keine Interviews geben. Während des Prozesses lastete die Staatsanwaltschaft ihnen mindestens 17 Online-Artikel an, die zwischen Juli 2020 und Dezember 2021 veröffentlicht wurden, darunter Interviews und Meinungsartikel.

Stand News war eine gemeinnützige chinesischsprachige Nachrichtenseite, die nach Apple Daily das einflussreichste unabhängige Medium in Hongkong war. Die Online-Publikation erreichte über 1,7 Millionen Followerinnen und Follower auf Facebook und etwa 1 Million auf Instagram, bevor sie geschlossen wurde. Am 29. Dezember 2021 wurde die Nachrichtenagentur von 200 Polizeibeamtinnen und -beamten durchsucht. Dabei wurden sechs ihrer Journalisten, darunter Chung Pui-kuen und Patrick Lam, von der Polizei verhaftet. Noch am selben Tag kündigte Stand News in den sozialen Medien an, die Veröffentlichung einzustellen und seine Mitarbeitenden zu entlassen, da das Vermögen des Unternehmens im Wert von rund 61 Millionen Hongkong-Dollar (7 Millionen Euro) durch die Regierung gesperrt wurde. Etwa 70 Mitarbeitende verloren ihren Arbeitsplatz.

In der Rangliste der Pressefreiheit belegt Hongkong Platz 135 von 180 Staaten. China liegt auf Platz 172.